Ich war für euch mal ein bisschen Kunst anfassen. Und niemand hat einen Herzklabaster bekommen (so wie ich vor einer Weile beinahe mal, als ich mit einer sehr haptisch orientierten Freundin Kunstkucken war). Es hat auch niemand geschimpft.

Museumswächter tun mir immer leid, wenn ich mir vorstelle, wie oft am Tag sie sagen müssen:

“Bitte nicht so nah da ran.”

“Die Kunst bitte nicht anfassen.”

“Hier bitte keine Fotos.”

Manche Menschen rollen dann die Augen über die Kulturbanausen, die das gerade falsch machen. Andere haben nicht nur Ehrfurcht vor der Kunst, sondern auch schlechte Augen. Oder sie wollen halt gerne mal fühlen, wie der Pinselstrich verlief. Oder sie haben entdeckt, dass das Museum Wifi hat (und sie schon seit Stunden keine Fotos mehr auf Facebook gepostet haben). Oder ihnen tun die Füße weh und diese Skulptur da hat doch genau die richtige Form fürs Gesäß.

Viele Gründe können hinter der Idee stecken, die heilige Linie zwischen Betrachterin und Kunst zu überschreiten. Wenige bedenken dabei, was passierte, wenn das jede täte. Da wäre er dann weggestreichelt, der forsche Pinselstrich. Oder es stünde ein lustiges Video im Netz davon, wie die vermeintliche Sitzfläche unter erschrockenen Blicken zusammenkracht (aufgenommen leicht unscharf im Hintergrund eines Museumsselfies).

Deshalb ist Abstand die vernünftige Verhaltensweise der Kunst gegenüber. Meistens jedenfalls. Denn es gibt ja auch noch diejenigen Kunstwerke, die so aussehen, als wollten sie benutzt werden. Blöd, wenn man erst eine Führung mitmachen muss, um davon zu erfahren. Das geht doch echt besser.

Wie so was besser geht, macht Jeppe Hein im Brooklyn Bridge Park vor. Der in Berlin lebende dänische Künstler nimmt sich den Ausstellungsnamen und macht eine klare Ansage draus: “Please Touch the Art”. Ringelpiez mit Anfassen als Kulturerfahrung, ist das nicht herrlich? Bei “Mirror Labyrinth NY” kann man zusätzlich auch noch in einem Geringel aus Spiegeln Versteckspielen.

Jeppe Hein Mirror Labyrinth NY

Und es kommt noch besser: Jeppe Hein baut was zum Nachsinnen ein. Die meisten der Werke in dieser Ausstellung erinnern an Parkbänke. Das passt ja bestens in Besucherhirne, die gerade durch einen Park getragen werden.

Kunst Jeppe Hein Please Touch The Art

Aber nicht alle dieser quietsch-orangen “Modified Social Benches” eignen sich tatsächlich so gut zum Sitzen. Tja. Da musst du dir als Besucherin halt etwas einfallen lassen.

Modified Social Bench von Jeppe Hein

Den meisten fällt ein: davorstellen und Selfies machen. Zur Not eben erst mal Schlange stehen dafür. Und dann aber anfassen!

Jeppe Hein: “Please Touch the Art”, bis 17. April 2016 im Brooklyn Bridge Park. Anfahrt etc. auf der Website.

In Deutschland ist Jeppe Hein übrigens ab 15. November eine Solo-Ausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg gewidmet.