Mit dem Lunch ist es ja so eine Sache. Zwar sehe ich in New York verdächtig viele Leute, die sich zum Mittagessen ein, zwei Gläser Wein hinter die Binde kippen und dazu in Sahnebutter geölte Nudeln schlürfen. Und dann gehen die wieder ins Büro und arbeiten weiter, als wäre nichts gewesen.

Na ja gut, abgesehen vom Wein habe ich so was auch schon gemacht. Aber diesmal spekuliere ich auf etwas anderes. Und was sehe ich da?

Iss dich sauber!

Das muss dieses Karma sein, von dem die Leute immer reden, denke ich. Ich möchte mich jetzt unbedingt sauber essen, und zwar günstig. acht bis zwölf Dollar mitten in Manhattan sind ein Lunch-Schnäppchen!

Dann darf ich wählen zwischen Körnern, Reis und Nicht-Reis (sieht ähnlich aus wie Reis, ist aber aus Gemüse zusammengeschreddert), dazu gibt es dreimal Gemüse. Gegen Aufpreis noch Fleisch oder Fisch, und am Ende auf Wunsch auch noch Soße.

“Hot Sauce and Yoghurt?”, fragt mich die Dame. Da hätte mir eigentlich schon etwas schwanen können. Aber ich bin ja immer noch ganz verzaubert von meiner Laienidee vom großen Karma. Nur ein bisschen Yoghurt, sage ich also. Ich will mir doch nicht den Geschmack von dem Röst-Brokkoli und seinen sauberen Freunden mit Soße zukleistern.

Roter Quinoa mit roten Linsen

Gibt es in New York Quinoa, dann meistens in rot. Weil das noch exotischer aussieht, vermute ich. Hier haben sie zum roten Quinoa ganz konsequent rote Linsen gerührt. Eigentlich eine super Mischung. Beim Fotografieren läuft mir das Wasser im Munde zusammen. Ich steh ja auf Gemüse, und Getreide mahle ich auch gern gleich im Mund.

Dieses, so stelle ich bald darauf fest, gibt mir allerdings in der Tat das Gefühl, ich sei eine Mühle. Bissken farblos, dieses Doppelrot. Die unscheinbare Möhren-Sesam-Beilage schmeckt dagegen überraschend scharf. Der Brokkoli ist unauffällig, außer dass er kühlschrankkalt ist, und der Kürbis hat beinahe Eigengeschmack.

Mit anderen Worten: Mein Lunch schmeckt so, wie sich ein eingefleischter Fleischesser vegetarisches Essen vorstellt. Fad. Trocken. Faserig. Ha, na klar: Ballaststoffe heißen auf Englisch schließlich “fibers” (Fasern).

Lunch mit Gemüse

Abzüge in der B-Note gebe ich für das Plastikgeschirr. Wie soll ich mich denn damit sauberessen?

Ich habe den Verdacht, es heute mit Parma-Karma zu tun zu haben. Der Italiener mit dem feisten Pasta-Lunch hat es mir auf den Leib geschickt, damit ich bloß nicht noch mal auf den Gedanken komme, mich mittags gesund zu stoßen essen.

Jedenfalls führt mich meine Intuition nach diesem Mahl wie von Zauberhand in eine italienische Eisdiele. Aber so leicht lasse ich mich nicht foppen: Beim nächsten Lunch wähle ich wieder etwas, das nach frischer, gesunder Küche aussieht.

Vielleicht aber zur Sicherheit mit all der Soße, die man mir anbietet.