“Welches Gefühl hat dein Fernweh?”, fragt Christina von der Reisemeisterei – und macht diese lesenswerte Blogparade draus.

Und damit schubst sie mich mitten ins Durcheinander. Denn in New York haben sich Fernweh und Heimweh klammheimlich zusammengerottet zu einem Gefühl, für das mir ein Wort fehlt. Noch.

 

Fernweh

 

Home is where the heart is?

“Home is where the heart is”, sagen sie hierzulande gern. Umziehen gehört in den USA ja zum Alltag, in New York City erst recht, dafür sorgt schon der Immobilienmarkt mit seinen befristeten Mietverträgen ohne Mietpreisbremse. Die deutsche Sprache bietet mir da ganz klischeegerecht Präzision: Ich habe nämlich zwei verschiedene “homes” – ein Zuhause und eine Heimat.

New York ist mein Zuhause. Da lebe ich, da fühle ich mich so richtig bei mir, zu Hause eben, und daran hängt mein Herz. So sehr, dass ich mir bei der Abreise aus der Stadt das Mantra “Ist ja gut, du kommst ja wieder” durch den Kopf kreiseln lasse.

 

New York Skyline

 

Dabei ist meine Heimat Tausende Meilen entfernt, im Ruhrgebiet. Das war auch einmal mein Zuhause. Da liegen meine Wurzeln, da sprechen sie die Sprache, die ich als erste lernte, da wohnen Menschen, die mich als Kind kannten. Und die besten Freunde der Welt. Und nach dieser Heimat habe ich manchmal Fernweh. Geht das überhaupt? Und kann ein Gefühl noch irrationaler sein, als Gefühle es sowieso schon sind?

Jedenfalls: Heimweh ist das nicht. Ich bin zwar gerne da, fahre aber auch gern wieder nach Hause. Das funktioniert also so wie Fernweh für die meisten. Die Heimat in meinem Kopf existiert ohnehin nur dort; die Orte, an denen sie ankert, haben sich längst weiterentwickelt. So schnell so fremd. Und richtig erholsam ist es auch nicht, wenn ich dieser Art Fernweh nachgebe.

Deshalb kenne ich außerdem noch ein “richtiges” Fernweh. Mit dieser Sehnsucht nach Roadtripbrummen, bunten Lädchen, Zwerchfellschmerzen von Lachkrämpfen, deren vermeintlich witzigen Ursprung ich zu Hause keinem erklären kann. Da überfallen mich Erinnerungen an Überraschungen auf der Zunge, Muskelkater und Blick aufs Meer.

 

Fernweh

 

Aber nach einer Weile, die meist ganz schön lang ist, stellt sich dieses andere Gefühl ein. Nennen wir es einfach mal Heimatfernweh. Und dann schaue ich in Kalender und auf Flugverbindungen, und vor meinem geistigen Auge erscheint der Betreff “Besuch aus New York!” gleich neben dem “Senden”-Knopf einer E-Mail.

 So fühlt sich das Heimatfernweh an:

Bitter.

Das Bier schmeckt herb. Es gibt natürlich andere mehr oder weniger lokale Biersorten, auf die ich ausweichen könnte. Aber wenigstens einmal dieses Bier zu trinken ist ein Muss. Am besten aus der Flasche, draußen, mitten auf der Straße. Ferne Freiheit.

Schwer.

Jedes Mal dieselbe Panik nach dem Packen: Hat mein Rucksack auch wirklich kein Übergewicht? In New York gibt es ja so was wie Saison. Da habe ich entweder Wintergarderobe oder Sommergarderobe. In meiner Heimat muss man im Sommer auf alles zwischen 11 und 30 Grad gefasst sein. Und im New Yorker Winter kann ich mir nicht richtig vorstellen, wie sich “wärmer als schweinekalt aber möglicherweise nasskalt” anfühlt. Also Zwiebelschichten einpacken. Wenn ich auch nur über eine mögliche Reise nachdenke, zieht es mir schon in den Schultern. Obwohl ich immer weit unter der Gewichtsgrenze bleibe.

Prickelig.

Ein Wort: Nieselregen.

Rau.

Viele Freundschaften überleben es nicht, wenn eine wegzieht. Manche aber doch. Ich kann es kaum fassen, wie viele Leute sich freuen, wenn ich zu Besuch komme. Dann treffen wir uns zum Sonntagskuchen. Und zum Abendbrot. Und dann mal mit einer ganzen Runde in einer Bar. Und nee, Frühstück lieber nicht wegen Jetlag, aber zum Mittag, klar. Die reden jeweils ein paar Stunden mit mir und gehen dann nach Hause. Ich ziehe weiter, auf die nächsten paar Stunden. Und maximal drei Tage später fange ich an, Kräutertee zu trinken. Für den rauen Hals, gegen die Heiserkeit. Da sitze ich dann, mit meinem Tee, während die anderen schon beim Bier sind, und fühle mich wie ein Rockstar.

 

Heimfernweh

 

Kennt ihr auch Heimatfernweh? Oder wie sieht euer Fernweh-Gefühl aus? Schaut unbedingt bei der  Blogparade der Reisemeisterei vorbei, da sind auch die anderen Beiträge verlinkt.