Stadtbummel ist nicht in New York. Sorry. New York ist zwar eine Stadt, die man sich erläuft, aber dabei gelten ungeschriebene Gesetze.

“Tourists!” Diese zwei Silben höre ich oft in New York, und schön klingt das nicht. Gezischelt, herausgespuckt, als Verzweiflungsschrei: Meist steckt ein und dieselbe Ursache dahinter. Sie betrifft überhaupt nicht die Herkunft der Leute, sondern ihr Unwissen. Sie scheinen noch nicht einmal das Laufen gelernt zu haben. Dabei ist es ganz einfach, durch New York zu gehen.

Stell dir einfach vor, du säßest auf der Autobahn am Steuer.

Das sollte für Deutsche besonders einfach sein, weil es bei euch ja Strecken ohne Tempolimit gibt. New York hat auch kein Tempolimit. Also keines nach oben. Nach unten schon. Wie auf der Autobahn. Deshalb könnt ihr euch die New Yorker Verkehrsregeln für Fußgänger sicherlich leicht merken – und schwupps, fallt ihr gar nicht mehr als Touristen auf.

Regel #1: Halte nicht den Verkehr auf!

  1. Passe dich dem Tempo auf dem Bürgersteig an. Auf der Autobahn schleichst du ja auch nicht.
  2. Wenn du aus irgendeinem Grunde langsamer machen musst – du hast eine Blase am Fuß, du müsstest mal auf dein Handy-Navi gucken, du hast einfach nicht genug Menschenhufestärken, weil du zu Hause nie mehr als hundert Meter gehen gewohnt bist – dann gehe rechts ran.
  3. Bedenke nach dem Ausscheren: Auf der Kriechspur kannst du auf die Karte gucken, deinen Fuß untersuchen, Atem holen, aber nicht den ganzen Weg bis nach Hause fahren, ähm, gehen. Wenn du nicht mehr normal – also zügig – weitergehen kannst, lass dich abschleppen. In New York haben wir dafür U-Bahnen, Busse und Taxis.
  4. New Yorker Fußgänger haben eine Hupe: “Excuse me!” Du kannst sie auch benutzen. Und du solltest wissen, was zu tun ist, wenn du diese Worte hörst.

So geht New York: Laufen spazieren gehen

Regel #2: In New York gilt Rechtsverkehr. Auch für Fußgänger!

  1. Gewöhn dir einfach an, stets auf der rechten Seite durch New York zu gehen. Auf der linken Seite kommen dir Leute entgegen, und wenn keiner kommt, kannst du dort Leute überholen, die dir zu langsam sind (aber schön auf den Gegenverkehr achten!). Im Zweifelsfall vorher hupen.
  2. Ist ein Gehsteig schön breit, lass dich nicht dazu verlocken, die Überholspur zu blockieren. Zu dritt nebeneinander würdest du mit deinen Freunden ja wohl auch kaum über die Autobahn tuckern, oder? Diese Regel gilt übrigens auch im Park. Du magst ihn zum Schlenderterrain erklären. Andere Leute nehmen ihn als Abkürzung, um zur Arbeit zu eilen. Von den Joggern will ich gar nicht erst anfangen.
  3. Manchmal ist ein Gehweg nicht nur ein Gehweg, sondern auch ein Radweg. Oder der Radweg läuft parallel zum Gehweg. Sei schlau und folge der Beschilderung, bleibe strikt auf dem Fußgängerweg, auch wenn du meinst, da drüben führe ja gar keiner. Radfahrer sind schneller da, als du denkst. Und sie sind stärker als du.
So geht New York: Laufen spazieren gehen

Seht ihr? Davon, dass Fußgänger mal langsam machen sollen, steht da nix.

Regel #3: Achtung mit Anhängern, ähm, Anhängseln!

  1. Sei dir bewusst, wieviel Platz eine Verlängerung deiner Karosse einnimmt. Neulich erst steckte ich mit einer schnell wachsenden Menschentraube im Stau hinter einem älteren Herrn, der mit seinem ebenso älterem Hund auf der Mitte des Gehsteigs ging und offenbar schwerhörig war. Excuuusssse Ussss!
  2. Auch leblose Begleiter sind eine prima Barrikade – oder Stolperfalle. Rollkoffer kann man zum Beispiel neben oder hinter sich herziehen. Ratet mal, welcher Style da in New York angesagt ist?
  3. Wenn viele Leute unterwegs sind und du vollgepackt aus dem Laden wieder in den Fußgängerstrom einbiegst, nimm dein Büschel an Einkauftstaschen (oder deinen steinalten Hund) nach rechts. Hast du dir so viel aufgehalst, dass du auch noch was mit links schleppst, nimmt diese Pakete nach vorn und trage sie vor dir her. Oder ruf dir endlich ein Taxi.

Regel #4: Vermeide plötzliche Manöver!

  1. Führe dir noch mal vor Augen, wie du dich auf der Autobahn benimmst. Und was du davon hältst, wenn der Typ vor dir urplötzlich auf deine Spur ausschert – oder eine Vollbremsung macht. Das kann dir beim Gehen in New York auch passieren. Laufe also aufmerksam durch die Gegend.
  2. Du willst nun aber nicht diejenige sein, die einen Auflaufunfall verursacht. Wenn du nun also plötzlich einen Wolkenkratzer entdeckst oder ein super Fotomotiv am Laternenpfahl oder merkst, dass du in die falsche Richtung gelaufen bist: Bitte bleib nicht wie angewurzelt stehen oder schieße quer über den Gehsteig. Schau erst mal, was die Verkehrslage erlaubt.
  3. Lass dich von der Reizüberflutung in New York nicht ins Bockshorn jagen. Was du da Spannendes entdeckt hast, läuft nur in wenigen Fällen weg. Und anders als auf der Autobahn kannst du hier umdrehen und zurücklaufen. Es braucht nicht mehr als ein wenig Umsicht.

Walking Big Apple: So geht New York

Extratipp: Lass dich nicht ärgern!

Wenn jeder der 8,5 Millionen Einwohner New Yorks nur einmal im Monat unaufmerksam ist, kommt da ein ganzer Batzen an nervigen Momenten zusammen. Plus … Touristen! Wenn du dich an das zügige Laufen in New York erst einmal gewöhnt hast, findest du tausend Gründe, dich aufzuregen. Aber wie sie hier so schön sagen: “pick your battles”.

Also gräm dich nicht, wenn dich jemand anzischt, obwohl du den Fußgängerstau gar nicht verursacht hast. Und pfeif nicht jeden an, der dir im Weg steht. Es sei denn, es kommt in diesem Moment wirklich auf jede Sekunde an. Aber im Urlaub kommt so etwas hoffentlich gar nicht vor.