Blickfang der Woche

Jetzt mal halblang, Leute. Ja, in New York gibt es Schnee im Winter. Und so langsam habe ich den Eindruck, dass die Bilder auf Instagram, Facebook und so weiter suggerieren, New York sei permanent in pittoreskes Weiß gehüllt.

Das stimmt aber nicht. New York ist nicht die Eiskönigin unter den US-Städten. Viele andere Orte bekommen sehr viel mehr Schnee und Eis ab als wir hier, und bei denen bleibt selbiger zum Teil auch viel länger liegen.

Auch wenn in NYC für heute schon wieder Schneefall angekündigt war und tatsächlich kleine Flöckchen fallen, während ich dies hier schreibe. Draußen sind es allerdings (noch) 3 Grad, und morgen werden sich die Temperaturen wohl auch wieder im Plus bewegen. Das bedeutet dann … Matsch und Tschüß. Nicht genug #wanderlust für Influencer, nicht #prettycities-kompatibel zum Herumzeigen.

Na, Schneebilder schaden ja nix. Ich fotografiere auch gerne Schönes, Herzerfüllendes und Beeindruckendes (guckt euch einfach mal meinen Instagram-Account an). Dass ich mich in New York immer wieder – und vor allem plötzlich und unerwartet – vor einem Anblick wiederfinde, vor dem ich spontan niederknien möchte, ist für mich aber auch ein wichtiges Gegengewicht zu all dem Grässlichen und Hässlichen, das die Stadt einem entgegenhält. New York ist ein Spiegel der Menschlichkeit.

Ich mag Schnee sehr gerne, selbst wenn ich schippen muss. Aber ich krame deshalb nicht Bilder von vor drei Jahren raus und tue so, als seien sie von heute. Von diesen ganzen Bildern – New York im Schnee! Von November bis Mai! Immer! Alles! Winter! Wonder! Land! – wird man schneeblind. Plötzlich sehe ich überall Schnee! Guckt doch mal:

Cool Roof Dachkühlung

Das ist aber gar kein Schnee auf dem Dach dort. Das sind Tauben! Und das weiße Zeug hinter und unter denen ist kein winter wonderland, sondern das Produkt einer ebenso einfachen wie wirksamen Idee … für den New Yorker Sommer: Wenn die Sonne heiß auf Häuserdächer knallt, leiten wir die Hitze eben wieder zurück! Deshalb ist das Dach auf dem Foto eines von vielen, die in den letzten Jahren weiß wie Schnee wurden.

Die typische dunkle Farbe von Bitumen und ähnlichen Dachbedeckungen ist nämlich eine Hitzefreundin. Einer wissenschaftlichen Untersuchung während einer Hitzewelle im Jahr 2011 zufolge kann so ein schwarzes Dach eine Temperatur von 170 Grad Fahrenheit (fast 77 Grad Celsius) erreichen. Und offenbar trägt dies zum so genannten urban heat island effect bei. So nennt man das, wenn Städte deutlich höhere Temperaturen erleben als die Gegend drumherum. Besonders in Sommernächten wäre Manhattan demnach auch dann eine Hitzeinsel, wenn es auf dem Festland läge. Das ist unangenehm, ungesund und teuer.

Wissenschaftler haben deshalb mit verschiedenen Materialien experimentiert, die Sonnenstrahlen reflektieren – und dadurch die Hitze von den Häusern fernhalten. Sie breiten Membrane auf Flachdächern aus, auch die Dachbegrünung steht hoch im Kurs, um Dächer zu kühlen. Die derzeit einfachste und günstige Methode ist offenbar ein Anstrich mit einer weißen Spezialfarbe.

Seit mehreren Jahren wirbt die Stadt New York dafür, Flachdächer auf diese Art abzukühlen. Für viele öffentliche Gebäude und die Häuser von gemeinnützigen Organisationen zahlt die Stadt diese Maßnahme sogar – und nennt das Ganze dann NYC CoolRoofs.

Es liegt also kein Schnee auf dem Dach. Aber das Weiß hat durchaus mit dem Traum vom superschönen Winter zu tun – denn in jedem Hochsommer kommt die Zeit, wenn sich selbst schneematschpfützenhassende New Yorker das coole weiße Zeug nach Hause wünschen.