Wohnraum ist immer ein Thema in New York. Diese Woche sind aber mal nicht die Baulöwen und Gentrifizierer im Gespräch, sondern Obdachlose und Verhaftete. Und je nach Alter flüchten sich New Yorker in virtuelle Welten oder ein Tränenmeer – wollt ihr mit?

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr?

Im Winter haben die Leute mehr Mitleid mit jenen, die kein Zuhause haben. Das wird für die Stadtverwaltung schon mal unangenehm. New York hat fast 70.000 Obdachlose, darunter zahlreiche Familien. Die U-Bahn ist derzeit vollgeklebt mit einer Kampagne, die Fahrgäste dazu bringen soll, eine Telefonnummer anzurufen, wenn Obdachlose im Waggon oder an der Haltestelle sind. Was danach passiert, steht da nicht. Und das System der New Yorker Nachtasyle hat keinen guten Ruf; wie viele andere Großstädte kriegt New York es nicht hin, allen ein akzeptables Dach über dem Kopf zu bieten. Nachdem Rekord-Obdachlosenzahlen den Bürgermeister Bill de Blasio im Jahr 2016 schlecht dastehen ließen, begann er eine politische Initiative und kündigte unter anderem massive Baumaßnahmen an, die erschwinglichen Wohnraum schaffen sollen. Doch der New Yorker Rechnungsprüfer deckt nun leere Versprechungen auf: Kaum etwas wurde gebaut, obwohl die Stadt mehr als tausend Grundstücke besitzt. (Nachlesen bei Crain’s)

Amy Poehler will mehr als ein Trinkgeld

Wenn sich Stars für einen guten Zweck einsetzen, suchen manche sofort deren Verbindung zum Thema. Amy Poehler liefert sie gleich mit: Die Schauspielerin, Comedienne, Filmproduzentin und dreifache Golden Globe-Moderatorin (beide Male im Duo mit Tina Fey) hat früher gekellnert, um sich über Wasser zu halten. Heute setzt sie sich dafür ein, dass die Gastronomie ihrer Belegschaft den Mindestlohn zahlen muss. In New York sind die Leute, die euch im Restaurant bedienen, nämlich immer noch finanziell auf das angewiesen, was ihr ihnen als Trinkgeld hinterlasst. (Nachlesen bei Bedford + Bowery)

Das berüchtige U-Haft-Gefängnis Rikers Island soll geschlossen werden – und dann?

Es gibt verschiedene Arten von Knast in den USA: Im jail warten Festgenommene bis zu ihrer Gerichtsverhandlung, im prison sitzen sie danach ihre Strafe ab. Rikers Island ist eine Gefängnisinsel mit zehn jails und insgesamt inzwischen “nur noch” rund 9.500 Inhaftierten – und steht für ein System, das nicht funktioniert. Nach zahlreichen Schlagzeilen und Skandalen soll Rikers Island geschlossen werden und durch Gefängnisse in allen fünf Stadtteilen New Yorks ersetzt werden – doch schon zeichnen sich Probleme ab, und dem Bundesstaat geht das alles viel zu langsam.

(Einen gut gemachten Überblick über Rikers Island bekommt ihr bei NY City Lens; und für einen Eindruck über die Bandbreite der Schlagzeilen hier vier Beispiele allein aus den letzten zwei Wochen:

  • CBS zeigt ein Video von einem tätlichen Angriff auf einen Gefängniswärter auf Rikers Island,
  • die Daily News berichtet über die Klage einer schwer zusammengeschlagenen und seither blinden Insassin, dass eine Gefängniswärterin bei dem Vorfall untätig blieb,
  • die New York Times erklärt, warum der Bundesstaat New York mit den Maßnahmen der Stadt und der 10-Jahres-Frist bis zur Schließung unzufrieden ist,
  • und Reuters berichtet über den Gerichtssieg eines jungen Mannes, der mit 16 Jahren nach Rikers Island gekommen war und dort ohne Verfahren mehr als sechs Jahre lang einsaß).

Frohes neues Jahr … aber bitte nicht in der U-Bahn!

Wenn ihr schon länger die Nachrichten aus New York verfolgt, wisst ihr von den Problemen mit unserem veralteten U-Bahn-System. Ständig fällt irgendein Signal aus oder eine Lok geht kaputt oder es drängeln so viele Leute in die Waggons, dass die Züge zu dicht aufeinanderkleben und erst mal wieder auf Abstand gehen – also warten – müssen. Die meisten New Yorker reagieren gereizt auf die oft vagen Begründungen. Doch diesmal gab es ein happy end: Das chinesische Neujahr am Freitag läutete das Jahr des Hundes ein, und ratet mal, wer genau an diesem Tag in einen U-Bahn-Tunnel entwischte und dafür sorgte, dass anderthalb Stunden lang der Strom abgestellt war? (Nachlesen bei NY Metro)

Menschliche Camera Obscura … in der Bibliothek

Was hatte ich gerätselt über das seltsame, Radarschirm-ähnliche Ding im großen Lesesaal der New York Public Library! Der nahestehende Büchereiaufpasser wusste auch nicht, was das ist. Aber jetzt kommt es raus: Das Gerät ist nur mit einem Menschen zusammen komplett, nämlich mit einem der beiden Oakes-Zwillinge. Der stellt sich immer wieder dahinter, um noch das kleinste Detail im Raum zu erfassen und zu zeichnen – in einem Projekt, das sich mit der Doppelfokuswahrnehmung befasst. (Nachlesen und angucken im New York Magazine)

Reisebüro im Altersheim

Klar kann man das wahre Leben aufschieben, bis man die Rente durch hat. Aber manche Leute schaffen es dann nicht mehr, auf große Fahrt zu gehen. Ein paar alte Leute in Bay Bridge (Brooklyn) können neuerdings trotzdem von ihren Streifzügen durch Berlin oder Hongkong erzählen: ein Virtual Reality-Kurs schickt sie quasi in den Urlaub. (Nachlesen im Brooklyn Paper)

New York ist zum Heulen!

Klingt komisch, gehört aber zu den typischen New Yorker Aktivitäten: in aller Öffentlichkeit zu weinen. Weil wir so eng aufeinanderhocken und Privatsphäre ein entsprechend seltenes Gut ist, lautet das ungeschriebene Gesetz: Tu so, als sähest du nicht, dass da Tränen kullern. Die Programmiererin Kate Ray hat nun mit “Crying in Public” eine Mitmach-Karte ins Netz gestellt – natürlich voller Emojis. Da könnt ihr sehen, was einen in New York so alles zum Heulen bringt und wo es passiert. (Karte anschauen bei Crying in Public)