Größte Veränderung der Stadtgeschichte

Betty wohnt in der Nachbarschaft. Im Gegensatz zu mir lebt sie schon ihr ganzes Leben in der Gegend, und sie hat mir ein paar Lenze voraus. Als eines von acht Geschwistern hat sie hier eine Menge erlebt, bewegt, kommen und gehen sehen. “Es war alles völlig anders als heute”, sagt sie. Ich frage, welche Veränderung ihr heute am stärksten auffällt. Sie sagt: “Die Hunde.” Und dann erklärt sie mir, dass man früher nicht aufpassen musste, ob man von einer Hundeleine gefällt wird. “Besonders diese Laufleinen”, sagt sie, “die übersieht man so leicht.” Und dann erzählt…

Jede nach ihrer Saison

Samstag, im Schneegestöber, hat mich ein Obdachloser gefragt, wie ich das Wetter finde. Wir konnten uns drauf einigen, dass es in New York nur zwei Jahreszeiten gibt, weil die Übergänge nicht lang genug sind, um als Jahreszeit zu zählen. Und jetzt stehe ich dem Winter gegenüber, und er kauert so im Schatten, dass Fotos ganz blöde aussehen. Der Herbst dagegen ist hübsch: Alison Saar hat ihre Jahreszeiten im Madison Square Park verteilt. Da jagen Touristen mit ihren Kameras den Eichhörnchen hinterher, das finde ich für die Künstler der Saison immer ein bisschen traurig. Ich muss…

Gerüchte und Gerüche

Erst war es nur ein Gerücht aus der Nachbarschaft. Nein, noch früher war es ein Fragezeichen in meinem Kopf. Da war auf einmal ein Lärm, der vorher nicht da war. Nicht dass man in New York über Stille zu klagen hätte. Aber wenn ein Geräusch dazukommt, dass ich mir nicht erklären kann, liegen irgendwann die Nerven blank. Erst dachte ich, die Leute über mir haben sich gegen die Gepflogenheiten New Yorks (zur Erinnerung: Wir haben hier alles – außer Platz) eine Waschmaschine zugelegt, und jetzt schleudert die und lässt das Haus vibrieren. Dann dachte ich,…

Geld im Guggenheim

“Wie oft sagen Sie das am Tag?”, frage ich den Wachmann. Er lächelt betreten. Sehr oft. Ich finde, es würde die Sache vereinfachen, wenn er das gleich am Eingang verkünden könnte. “Sie wollen nicht, dass wir hier laut werden”, sagt er. Ich empfehle ihm, ein Schild um den Hals zu tragen. Er lacht kurz auf und eilt dann zu dem Typen im weißen Pullover. “Sehen Sie den?”, hat er vorher noch gesagt, “der denkt, ich sähe das nicht.” – “So wie ich?”, frage ich, und beeile mich zu erklären, dass man das aber anderswo wirklich…

Voll durchgefallen

Das Brett ist ein Publikumsmagnet. Männer stehen hier Klischeewache und fachsimpeln über Akkuschrauber. Ich bin nicht schon wieder im Handwerkermarkt gelandet, sondern bei der Präsentation von Consumer Reports. Das ist vergleichbar mit “test” (Stiftung Warentest), nur schon deutlich älter. Zum 75. Geburtstag fahren die Laboranten durchs Land und machen heute eben in Grand Central Station. Zum Beispiel mit Akkuschraubern, Brett und Schrauben. Aber auch mit einer Waschmaschine und Stoffstreifen in unterschiedlichen Stadien der Verblassung. Die Krux für die Verbraucherschützer ist ja: Einerseits leben sie von ihrer Objektivität. Andererseits müssen sie auch von irgendetwas leben, brauchen…

Von einem Tag auf den anderen

So sah das gestern noch aus im Central Park. Viel Grün, ein bisschen Farbe. Etwas Laub auf dem Boden, sehr wenige freiliegende Äste, abgesehen vom Wind kaum Herbststimmung. Das war gestern. Heute Mittag (!) sieht das so aus: Und im Wetterbericht sprechen sie von Schnee. Als wollte New York mal wieder beweisen: Es gibt hier nur zwei Jahreszeiten, nicht vier wie anderswo.

Bewegungsmelder

Den meisten Leuten fällt es gar nicht weiter auf. Erst mal. Anita’s Way ist ein Durchgang von der 42nd zur 43rd Street am Bank of America Tower, ein Bühneneingang befindet sich dort und gegenüber eine lange Bank, auf der man eine Pause einlegen kann. Tunnelatmosphäre hin oder her, dunkel ist es nicht. Ein Mann eilt vorbei, seine Tasche an die Brust gepresst, den Blick in eine Ferne gerichtet, die irgendwo in seiner Gedankenwelt liegt. Aber dann holt ihn ein Geräusch ins Hier und Jetzt. [audio:https://www.moment-newyork.de/wp-content/uploads/Applaus.mp3|titles=Applaus!] Man kann das auch ganz anders machen. Der Künstler Adam…