Überall stehen in New York Händler an der Straße. Sie verkaufen Kaffee oder Hot Dogs, Sonnenbrillen oder Regenschirme, Handtaschen, die aktuellen Designerkollektionen ähnlich sehen, oder Uhren, die ganz “echt” von Rolex sind. Aber es gibt auch Händler, die Exquisiteres im Sinn haben. Castro zum Beispiel. Seine Schmuckkollektion “Castro NYC” bestellen Einkäufer in Japan ebenso wie in Europa, auch in mondänen New Yorker Läden finden sich seine Ringe, Armbänder und Ketten, und trotzdem stellt er sich ab und zu mit einer Auswahl an die Straße.

In Soho finden sich ein paar solcher ab-und-zu-Händler, besonders am Wochenende. Dazwischen stehen aber auch solche, die Kram und Modeschmuck verkaufen. Das führt mitunter zu Missverständnissen: Wie viel der Ring da drüben (18 Karat filigran gearbeitetes Gold mit einem riesigen Edelstein) kostet, fragt die Frau, der Castro vorher schon ein paar Preise genannt hat. “18”, sagt er, woraufhin sie 18 Dollar zückt. Als sie gewahr wird, dass er von achtzehnhundert sprach, eilt sie mit rotem Kopf davon.

Weil ich gerade recherchiere, wie ich eine Geschichte über verschiedene Händler anlegen kann, bin ich der Frage nachgegangen, wo eigentlich diese Sachen entstehen. Und so stehe ich jetzt in Castros Atelier, lerne, wie man mit einer Uhrmacherlupe Diamanten anschaut (am Beispiel eines fertigen Rings, in den die an der Seite eingelassen sind; und immer schön beide Augen öffnen, wer eins zukneift, den ziehen die Diamantenhändler über den Tisch) und trete ins Sprachfettnäpfchen. Nachdem ich die Lupe zur Seite lege, will ich meine Überraschung kundtun, sage aber stattdessen: “Oh, das ist aber echt enttäuschend, wie klein die Diamanten in Wirklichkeit sind.” Castro lacht, und ich weiß nicht, ob er es lustiger findet, wie ich mich vergriffen habe oder wie peinlich mir das ist.