Eine hat deutsche Vorfahren. Eine andere hat mal in Deutschland studiert. Wieder eine andere findet Philipp Lahm umwerfend (und kriegt sich nicht mehr ein, als ich ihr übersetze, was sein Name bedeutet). Eine hat Freunde in Deutschland. Eine hat immer gut zugehört, wenn Papa und Bruder über Fußball gesprochen haben, und ist überzeugt vom strategischen Denken der Deutschen. Die Leute hier haben die absonderlichsten Gründe, zu Deutschland zu halten. Eine andere Frau hat einen Sohn in Spanien (und spricht mit Akzent).

All diese Frauen machen Lärm. Die Spanien-Stimme ruft “go, go, go” und “right there”, während die Deutschlandfrauen erst entsetzt “get in there!” schreien und dann wahlweise erleichtert oder anerkennend klatschen, wenn die Spanier kein Tor geschossen haben. In der Halbzeitpause sagt mir die 64-Jährige, die zwischendrin gekommen war und jetzt neben mir an der Bar sitzt, die Spannung des Spiels sei nichts mehr für ihre Nerven, die sie in den 60ern im Kampf für die schwarze Bürgerrechtsbewegung gestählt hat.

Nach dem Spiel kommt Ken. Er steuert sofort auf mich zu. Ich bin die einzige “richtige” Deutsche hier. “Was war denn los?”, sagt er mehr als dass er fragt. Daran erkennt man die amerikanischen Deutschlandfans (alle anderen sagen, wie leid man ihnen tut). Dann will er mir erklären, dass die Abwehr ja echt irre war, aber der Angriff nicht. Ich verweise ihn zwei Plätze weiter. “They are more hungry”, hat die Frau mit indisch-chinesischen Wurzeln über die Spanier gesagt. Nicht nach dem Spiel. Sondern in der 70. Minute.