Die Schlechten ins Kröpfchen

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als hätte da jemand Taubenfutter verstreut. Dabei weiß doch jeder, dass man das nicht tun soll (ebensowenig wie Eichhörnchen füttern übrigens). Aber auf den zweiten Blick fällt mir wieder ein, dass ich hier nicht im Kleinstadtpark, sondern in New York bin, und so entscheide ich, dass ich diesen Fall nicht näher untersuchen möchte. Er ähnelt von meiner erhabenen Zweibeiner-ohne-Flügel-Perspektive aus gar zu sehr dem sonnengetrockneten Ende eines nächtlichen Zugs durch die Gemeinde.

Kunstfehler

“Nächstes Mal kommen wir früher”, sagt ein Mann zu seinem Begleiter. Da kann ich nur zustimmen. Donnerstag ist traditionell der Tag, an dem man nach der Arbeit durch Chelseas Galerieszene streifen, Leute beobachten (und/oder sich zur Schau stellen) und Kunst angucken geht. Nun ist zwar gerade Sommerloch; die Leute, die für die Galeristen interessant sind, haben sich in die Hamptons verzogen. Aber gerade deshalb gibt es heute den Chelsea Art Walk. Und der hat nicht, wie die üblichen Donnerstags-Vernissagen, um sechs, sondern schon um fünf begonnen. Mit der Folge: Es gibt keinen Tropfen Wein mehr,…

Notenleser

So machen die das also! Fragen ist ja nun mal mein Geschäft, und ich bin zwar gar nicht im Dienst, aber besinne mich darauf, dass ich das jetzt mal wissen will. Also frage ich den Schlagzeuger (für Kenner: Ziv Ravitz!), wie das eigentlich funktioniert, wenn eine Sängerin wie Becky Mimiaga nur mal eben für einen Abend eine Band zusammenstellt, in der die Musiker noch nie zusammen gespielt haben. Genau, sagt er, sie hat ihre Songs komplett in Partitur notiert und für alle Musiker ausgedruckt. Fürs Schlagzeug steht da aber doch gar nichts, sage ich. Ziv…

Trinklieder

Na klar kann man im Dropkick Murphys-Shirt Bach singen. Und zwar nicht nur bei irgendeiner Probe, sondern vor Publikum. Später wird Amanda sich für ihre Aussprache entschuldigen, als sie mitbekommt, dass ich Deutsche bin. Das ist aber unnötig. Ich habe jedes Wort verstanden. Opera on Tap bringt Opernklänge in Kneipen. Da wird der Name schon mal zum Programm: Jedes Mal, wenn “rejoice” vorkommt (in “Rejoice” aus Händels Messias, einem der Hits des Themenabends zu Religion), sollen wir trinken. “Is not his word like a hammer that braketh the rock?” Damit hat eben schon ein dramatischer…

New … Orleans?

Wieder einmal erkläre ich einem Amerikaner, dass es auch in Deutschland Mentalitätsunterschiede gibt. Diesem hier muss ich es streng genommen gar nicht erklären, sondern ihn daran erinnern. Justin ist zwar ein waschechter New Yorker, also einer von denen, die immer schon hier gelebt haben. Aber er ist herumgekommen in der Welt. Wir stehen nachmittags in einer Kneipe. In einem Café wäre es viel zu laut gewesen für ein Interview. Hier haben wir unsere Ruhe. Im Hintergrund läuft Slayer. In Sachen Mentalität sage ich also: “Das ist so, als würde dir hier jemand mit Sachen aus,…

Freddy’s Klo

Ich muss mal. Dabei spielt jetzt Brute Force, ich will meinen Lieblingssong “To Sit On A Sandwich” nicht verpassen und ich habe einen Platz, an dem ich sehen und sogar sitzen kann. Ein Typ namens Easy Bob verspricht, mir den Platz freizuhalten. Und er wünscht mir Glück. Er ist von hier aus schon zweimal zur Bar gegangen und hat es immer geschafft. Um zum Klo zu kommen, muss ich erst mal aus dem Back Room raus, einen schmalen, kurzen Flur entlang zur Bar, wo ich mich zwischen Bar und Sitzecken durchdrängeln muss bis ganz nach…

In guter Gesellschaft

Man muss schon jemanden kennen, um hier hereinzukommen. Das ist nicht die Garderobe einer exaltierten Bühnenkünstlerin. Es ist eine der Toiletten des Players Club. Wo man durchaus exaltierte Künstlerinnen treffen kann. Aber noch nicht so lange. Zwar finde ich auf einem Tisch oben in der Bibliothek ganz viele Porträt-Karten von längst verblichenen Schönheiten vom Beginn des 20. Jahrhunderts, unter einer Glasplatte sorgsam festgehalten, aber für lange Zeit blieben die schöpferischen Herren hier unter sich. Es war New Yorks erster Gentlemanclub für Theatermenschen, die sich hier zwanglos mit Künstlern anderer Sparten austauschen sollten.  “Wir mischen uns…