Noch ein rotes Klavier

Es gibt mal wieder Xenakis, aber deswegen bin ich nicht hier. Am ersten Dienstag des Monats spielt nicht nur einer Klavier im Barbes, sondern er lädt sich noch einen Gast ein, und dann hauen vier Hände in die Tasten. Diesmal haben sie separate Tasten, und deshalb bin ich hier. Cory Smythe hat Phyllis Chen eingeladen – und die hat ein ganz besonderes Piano mitgebracht. So, und nun mal genau hingeschaut: Das sieht aus wie ein roter Flügel (ein rotes Klavier hatten wir ja schon). Aber der Klavierhocker verrät, dass das Instrument noch mehr Extravaganzen zu…

Definitionsfrage

Endlich: Die Opernsaison fängt wieder an! Schon seit Wochen macht die Met dafür Reklame, mit einem Spruch, der zu diesem Blog recht gut passt. Ich bin nur nicht so ganz überzeugt davon, ob ich mit so einem Moment Werbung machen würde. Klar, das ist Anna Netrebko, die ist zum Beginn der Saison zu Gast und im Frühjahr schon wieder, und mit ihr kann man Staat machen. Aber die Szene ist eine Festnahme, sozusagen der Beginn eines radikalen Abstiegs.

Hoch hinaus

Sie sind die Stars von morgen. Hoffnungsfroh kündigt der Hudson River Park in seinem Programm die jungen Musiker an, die den Sommer über als “Stars of Tomorrow” auf dem Pier 45 ihr Können zeigen. Heute ist es ein Blech-Trio. Die meisten Leute um mich herum hören zu, aber direkt hinter den Musikern laufen auch ein paar Lästermäuler vorbei, eine junge Frau joggt mit Kinderwagen hin und her, und ein in die Jahre gekommener Sportfreak springt Seil – genau im Takt, bis er im wahren Sinne des Wortes hängen bleibt. Die Musiker ficht das alles nicht…

Regentanz

Auch über 20 Jahre nach Alvin Aileys Tod gehört seine Choreographie “Revelations” zu den meistaufgeführten Modern Dance-Produktionen. Und nicht nur das Alvin Ailey American Dance Theater geht oft in Europa auf Tour (sein Hauptquartier hat es immer noch in New York). Sondern auch Ailey II ist gut gebucht. Da tanzen heute die besten Schüler der Ailey School. Beim Zuschauen im Prospect Park lerne ich: Tanztheater geht voll in die Arme. Besonders bei einigen Leuten aus dem Publikum.

Die Irrenärzte verlassen die Stadt

Erst bin ich ein bisschen enttäuscht. Susan Shapiro, die Moderatorin des Abends, scheint all ihre Studenten mobilisiert zu haben, sie dirigiert, wer wo sitzen soll – und nervt. Gerade als ich mich frage, ob das vielleicht schon zum Programm gehört, geht es los. Es ist nämlich so: Die Therapeuten New Yorks verlassen im August in Scharen die Stadt (wie alle, die mental und monetär halbwegs beisammen sind). Zum Trost für all die anderen (selbstverständlich therapiesüchtigen) New Yorker hat Susan Shapiro “The Shrinks are Away!” erfunden, eine Lesung zum Thema. Shapiro selbst liest als Vierte, monoton…

Poetisches Privatvergnügen

Jetzt bin ich am hellichten Tag im Bordell gelandet. Ich sitze an einem Tisch, auf dem ein uralter Revolver liegt, und blättere durch das Angebot, das Madame mir diskret zugesteckt hat. Die anbetungswürdige New Yorker Erfindung des Poetry Brothel ist heute auf Governors Island zu Gast (sonst meistens im Back Room), und es gibt ein kleines Problem: Im Moment ist nur eine Dame da, bei der man einen zuvor gekaufen Chip einlösen kann, um sich in einem der Zimmer oben privat unterhalten zu lassen. Und dorthin ist sie gerade mit einem Herrn verschwunden. Um ihm…

Offizielle Straßenmusiker

Am Lincoln Center gibt es nicht nur Opernarien (die Met – im Hintergrund – hat ja auch Sommerpause). Heute wimmelt es hier vor Straßenmusikern. Sie alle haben eben ein paar Akkorde und Texte geübt, und damit haben sie sich für den Spätnachmittag einen Stehplatz gesichert. Über dieses Prozedere und vor allem deren Benennung macht sich der Erfinder des Ganzen erst mal lustig. “Official + Busker” sei eine dieser unmöglichen Kombinationen, die sich gegenseitig ausschließen. So wie “young + democrat” oder “American + football”. Billy Bragg provoziert eben gern. In London hat er “Big Busk” (Busker…