New York als Insel im Eis: Auch 2015 sind Hafen, East River und Hudson gefroren. Schlittschuhlaufen kann man deshalb aber nicht.

Im vergangenen Jahr hab ich mir schon fast die Finger abgefroren bei dem Versuch, das Knistern des Eis auf dem Hudson aufzunehmen. Hudson gefroren? Der Beitrag schießt in meiner Blog-Statistik plötzlich nach oben. Offenbar prägt New York mal wieder den deutschen Wetterbericht.

Breaking News: New York gefroren!

Ich würde ja jetzt gern spotten, aber ich gestehe: Ich schaue mir auch sehr gern Fotos vom gefrorenen Hudson oder East River an. Aber jetzt möchte ich doch mal sehen, ob die Bilder halten, was sie versprechen.

Spoiler Alert: tun sie nicht.

 

New York gefroren

 

Vor den Wolkenkratzern des Financial District liegt jede Menge Eis. Darunter schwappt der East River die Ebbe in Richtung Long Island Sound. Obwohl das Wasser einen hohen Salzgehalt hat, friert es – kalt genug ist es in New York ja nun seit einer ganzen Weile. Was das schicke Foto nicht zeigt, man bei einem Spaziergang aber sofort sieht: Der Fluss fließt trotzdem noch.

 

East River-Eisschollen: Blick auf die Brooklyn Bridge

 

Merke: East River und Hudson um Manhattan herum sind gefroren, aber nicht zugefroren!

Weiter zur Mitte der Flüsse sieht man das Eis in Schollen vorbeischwimmen. Fehlt eigentlich nur noch ein Miniatur-Eisbär. Im Moment zieht das Eis in New York auf dem East River beachtlich schnell nach Norden. In ein paar Stunden ändern sich die Gezeiten, dann läuft das wieder andersherum.

Weiter oben auf dem Hudson sind Eisbrecher unterwegs. New York City braucht sie nicht; der Salzgehalt so nahe am Meer senkt den Gefrierpunkt des Wassers, und der viele Verkehr hält es in Fluss.

Unterdessen rottet sich das Eis in New York an passenden Stellen zusammen, gebremst von Biegungen Manhattans oder von den Piers, die in den East River ragen, wumpern die Schollen aneinander oder reiben einander knirschend und zischend die Ecken und Kanten rund.

 

East River gefroren

 

Das Problem dabei: Die meisten der Stege liegen nicht einfach nur so da herum. Dies zum Beispiel ist Pier 11. Von dort fahren diverse Fähren die Berufspendler und Touristen durch die Gegend. Eigentlich. Heute ist am Pier 11 fast kein Verkehr. Den Grund sieht man ja.

East River gefroren, Fähren blockiert

Schon mal ein Auto im Schnee eingeparkt? Dann versucht das mal mit einem Schiff im Eis. Generell droht das Eis nicht etwa den Rumpf zu beschädigen. Aber es kann in die Schraube geraten, und wenn die kaputtgeht, muss ein Taucher helfen – was Bootsbesitzer ohnehin vermeiden, bei diesen Temperaturen erst recht.

Die East River Ferry hat diese Woche mehrfach den Dienst komplett einstellen müssen, weil sie nicht mehr an ihre Anlegestellen herankam. So wie hier und heute. Water Taxis tauchen auch nicht auf.

Aber die Touristenboote fahren – ob die nun besser ausgerüstet sind oder wagemutiger, vermag ich nicht zu sagen.

 

 

East River Eis mit Tourboot

 

Ich ziehe meinen Hut vor dem Captain dieses Tourboots. Irgendwie muss er die Passagiere ja wieder loswerden, die nächsten warten schon. Also dreht er sich mit der Spitze zur Eis-Wasser-Grenze und gibt Gas. Ein Stück weit geht das gut, aber zwischen der “John James Audobon” und dem Pier 15 liegt noch die eine oder andere Eisscholle. Der Motor röhrt den Rückwärtsgang ein.

 

East River Eis New York

 

Ich beobachte fasziniert, wie schnell das Eis wieder zueinanderfindet. Sind Eisschollen etwa magnetisch? Der Captain dreht derweil ab, ihm kommt ein weiteres Tourboot entgegen. Dann startet er einen neuen Versuch, bei dessen Anblick sich mir die Nackenhaare aufstellen: Volle Fahrt voraus, ungefähr 40 Meter vom Land entfernt.

Damit schneidet er aber weit genug ins Eis, um auf die Höhe der Poller zu kommen, an denen das Boot festmachen soll. Mit dem Kraftschub reicht auch die Drift, um schon mal nah genug an den Steg zu kommen, dass die erste Leine raus kann.

 

Im Eis: Tourboot am Pier 15

 

Mit Hilfe mehrerer Crewmitglieder, vier Leinen, ein oder zwei motorisierten Winschen und viel Geduld schuckert das Boot schließlich an den Steg.

Weiter draußen im New Yorker Hafen bietet sich ein ganz ähnliches Bild. Hier stört die Staten Island Ferry die Eisschollen beim Zusammenklumpen, und von der anderen Seite sorgen Touristenströme dafür, dass immer wieder Boote zur Freiheitsstatue ablegen – und ihre Schneisen durch eine Mischung aus Eisstücken und dem Eis-Pendant zu Schneematsch ziehen.

 

Eis auf dem Hudson

 

Vom Battery Park aus kann man da echt schöne Fotos machen. Allerdings sind die Wege nicht bis zu den Gittern vor dem Wasser geräumt. Die Rutschpartie kommt mir vor wie eine Erinnerung: Hallo, New Yorker Winterfotofans, hier liegt auch auf dem Land noch Eis!

 

Freiheitsstatue im Eis