Wenn alles angenehm für Auge und Spazierstock ist, vergisst man gern, dass nichts bleibt, wie es ist. Und dass jede Einzelne von uns mithelfen muss, um die Welt, die Stadt oder auch nur den eigenen Häuserblock toll zu machen. Oder fürs Erste schon mal erträglicher. Die schönste Erinnerung an diesen Umstand, also quasi ein Arschtrittdenkmal für innere Schweinehunde, in New York ist der Community Garden.

Um die Idee dahinter zu verstehen, schaut euch einfach mal das hier an.

Häuserlücke East Village

Wenn ihr meint, dass diese Baulücke verwahrlost ist, dann solltet ihr mal nach Fotos vom New York der 70er Jahre googeln. Die heutigen Glaspaläste, Konsumtempel und Parkneubauten wischen den Gedanken weg, dass New York einmal so sehr in die Pleite abgerutscht war, dass viele Häuserblöcke wie ausgebombt aussahen. Kaum zu glauben, dass so etwas auch so aussehen kann:

El Sol Brillante Junior

Den Wandel ins Grüne, den ich euch da oben in der Galerie zeige, haben ganz normale Menschen wie du und ich angestoßen und durchgesetzt. Nicht etwa ein Stadtplanungskommittee mit Budget oder Firmen, die ihr Logo ans Tor einer Freifläche pappen wollten.

Es begann mit den Green Guerillas der Lower East Side. Liz Christy gehörte zu denen, die genug hatten von den mit Müll und Schutt übersäten Flächen, und die seed bombs, die sie und die anderen über die Zäune warfen, reichten ihr auch nicht mehr. Auch wenn damit zumindest schon mal ein paar Blumen zu blühen begonnen hatten.

In Eigeninitiative räumten diese Menschen eine dieser Brachen auf. Ein ganzes Jahr dauerte das, und dann konnten alle sehen: An der Ecke Bowery und Houston Street blüht uns was. Der erste Community Garden in New York wurde später nach Liz Christy benannt. Sie verbrachte den Rest ihres Lebens damit, anderen zu helfen, auch in ihrer Nachbarschaft leerstehende Flächen in grüne Oasen zu verwandeln. Noch heute gibt es viele dieser Gärten, und auch das geht auf das Konto der Menschen drumherum. Sie zupfen Unkraut, säen, setzen Kompost um, bauen eine Pergola, denken sich Veranstaltungen aus und spenden Geld für Werkzeug und Material.

Nach wie vor hat ein Community Garden allerdings auch oft ein Damoklesschwert über sich hängen. So mancher dieser grünen Treffpunkte musste im Laufe der Zeit einem Bauvorhaben weichen. Allerdings haben die Stadtgrünfans bei Streitigkeiten um die Flächennutzung ein Pfund, mit dem sie wuchern können: Schönheit.

Creative Little Garden Community Garden East Village

Das ist einer der Gründe, warum es in New York immer noch mehr als 500 Community Gardens gibt. Für diese Geschichte habe ich mich auf Nachbarschaftsgärten im East Village beschränkt, die Bilder sind unter anderem aus diesen fünf, die ich im Sommer 2017 besucht habe:

Das wollt ihr selber sehen? Die meisten Community Gardens sind während der Sommermonate zu bestimmten Zeiten (oft an den Wochenenden) auch für Nichtmitglieder geöffnet. Einen prima Überblick gibt euch diese Karte mit sehr vielen Community Gardens in NYC.

Schamlose Eigenwerbung: Eine Geschichte mit Liz Christy und den Community Gardens kommt auch in meinem New York-Buch vor. Ohne Bilder, aber mit Grünkohlkapriolen garniert (in Kapitel 19 namens “Eat your greens”).