In New York haben nicht nur U-Bahnen und Busse ihre Haltestellen, sondern auch die Fähren. Und da ich in dieser Folge des Haltestellenpuzzles in einem Viertel herumlaufen möchte, das erstens keine U-Bahn-Anbindung und zweitens eine Menge Hafengeschichte auf dem Buckel hat, liegt es nahe: Diesmal schippere ich zum Ausgangspunkt.

Beim Haltestellenpuzzle in Red Hook gibt es einiges zu entdecken: Ein familienfreundliches Museum auf dem Wasser, kalten Kuchen am Stiel, einen kleinen Park mit großer Aussicht, alte Fabriken mit neuen Bewohnern und jede Menge Hafenromantik.

Haltestellenpuzzle Red Hook Brooklyn

Red Hook wird von gleich zwei Fähren angesteuert, nämlich der gelben Ikea Ferry (der Name ist Programm, sie hält direkt bei der einzigen Ikea-Filiale in New York City) und der weiß-blauen NYC Ferry, die an einer ganz anderen Stelle in Red Hook anhält. Von dort aus starte ich in dieser Folge. Wenn ihr die andere Fähre nehmen wollt, schaut euch einfach mal auf einer Karte an, wo ihr damit landet.

Die NYC Ferry kostet dasselbe wie eine U-Bahn-Fahrt (2,75 Dollar), aber U-Bahn-Karten gelten dort nicht, ihr müsst ein Extraticket kaufen. Das bekommt ihr entweder an einem der Automaten an der Haltestelle, an einem Schalter, über eine App oder zur Not auf dem Boot (dort müsst ihr dann zu dem kleinen Kiosk gehen). Von Manhattan aus startet die Fähre vom Pier 11 (Wall Street Pier) aus, dabei nehmt ihr die South Brooklyn Route der NYC Ferry, und steigt dann an der dritten Haltestelle aus, nämlich in Red Hook. Das dauert gut 20 Minuten.

Kulturzentrum für Pioniere: Pioneer Works

Pioneer Works

Ist es zu fassen: Hier entstanden einmal Eisenbahnschienen und Maschinen für Zuckerraffinerien, im 19. Jahrhundert war die Pioneer Iron Works-Fabrik für eine Weile sogar das größte Industriegebäude der USA. 2010 fiel der hohe Backsteinbau dem kalifornischen Künstler Dustin Yellin ins Auge, dessen Vision unter anderem nach Licht verlangte – und dafür sorgte, dass mehr als 100 große Fenster eingebaut wurden. Es sollte der perfekte Ort werden, um KünstlerInnen und DenkerInnen zusammenzubringen.

Pioneer Works Kulturzentrum

Residenzprogramme locken wechselnde Leute in die hauseigenen Ateliers und Labors, und für BesucherInnen gibt es einen bunten Strauß an Veranstaltungen von Ausstellungen, Konzerten und Vorträgen über Tech-Konferenzen bis zu Natur-Workshops. Zu Pioneer Works gehört nämlich auch ein schöner Garten, in dem bei Veranstaltungen sogar ein Café geöffnet ist. Einen Katzensprung entfernt hat Pioneer Works im Juni zudem einen Buchladen eröffnet – auf der van Brunt Street, die sich für Rundgang durch Red Hook ohnehin empfiehlt. Nach rechts die Straße herunter kommen dann noch diverse Restaurants, Cafés und Läden.

Pioneer Works, 159 Pioneer Street, derzeit (Stand Juli 2018) reguläre Öffnungszeiten mi-so 12-18 Uhr, Veranstaltungskalender und Details auf der Website. Pioneer Books: 289 Van Brunt Street, mi-so 12-18 Uhr (Achtung: Es ist noch nicht raus, ob der Laden nur temporär für den Sommer 2018 dort bleiben soll oder dauerhaft!).

Der Werkstattladen: Supersmith und Shook + Co

Ungenutzte Hafenspeicher und Lagerhäuser in Red Hook haben eine ganze Reihe an neuen Zwecken gefunden. Ganz am Ende der van Brunt Street etwa residiert die in den 70er Jahren gegründete Brooklyn Waterfront Artists Coalition, die an manchen Wochenenden ihre Ateliers öffnet oder Ausstellungen organisiert. Dagegen ist Supersmith (noch?) ein Geheimtipp – auch zum Einkaufen. Dazu müsst ihr aber erst mal kurz von der van Brunt Street abbiegen.

Supersmith im Haltestellenpuzzle Red Hook

Vor fünf Jahren fingen Natalie Shook und Zach Baue an, sich ein Lagerhaus in der Dikeman Street als Werkstatt umzubauen, und dann machten sie einfach weiter und schufen damit Raum für eine Gemeinschaftswerkstatt: Sie halten schwere Maschinen für Holz- und Metallarbeiten sowie einen Brennöfen in Schuss, vermieten drumherum Werkbänke – und senken so für ihre Mieter und sich selbst die Kosten. Praktischerweise für neugierige Besucher gehört dazu auch ein kleiner Laden namens Shook + Co, der auch im Gebäude liegt. So dachte ich beim ersten Besuch: Hoppla, sorry, ich bin versehentlich in die Werkstatt gelaufen … und dann staunte ich beim Blick durch die Fensterfront auf die Maschinen über das natürliche Licht (Shook und Baue haben ein Oberlicht im Dach eingebaut). Im Laden gibt es Produkte der Handwerker, die bei Supersmith arbeiten, plus einiger weiterer aus der Region – etwa Schneidebretter, Messer, Lampen, Kerzenständer, Vasen und … Werkzeug.

Supersmith bzw. Shook + Co, 125 Dikeman Street, derzeit (Stand Juli 2018) mi -so 11-18 Uhr, Details auf der Website.

Grünstreifen mit Aussicht: Valentino Pier Park

Valentino Pier Park

Egal ob ihr nun wieder zur Hauptstraße zurückkehrt oder durch die immer noch industriell geprägten Straßen zum Wasser hin streift: Das kleine Stückchen Grün mit dem großen Blau solltet ihr nicht verpassen. Von der Van Brunt Street aus biegt ihr dazu rechts in die Coffey Street, ergötzt euch am plötzlich auftauchenden Kopfsteinpflaster und kommt zum Ufer. Da wächst Gras, und das ist natürlich ein Park. Wie der Name schon verrät, gehört zum Valentino Pier Park ein Steg, und von dort aus habt ihr einen tollen Blick über den New Yorker Hafen und auf ein Stück Skyline.

Valentino Pier Park Skyline

Törtchen aus dem Speicher: Steve’s Authentic Key Lime Pie

Pi Day Key Lime Pie

Es gibt Leute, die fahren für Kuchen extra nach Red Hook! Ich zum Beispiel. In einem nichtssagenden Lager direkt am Ufer – ganz nahe am Valentino Pier Park – backt der legendäre Steve Tarpin nur eine einzige Art Kuchen: Key Lime Pie. Auf einen Tortenboden aus zerbröselten Graham-Keksen und Butter kommt eine Creme aus Eigelb und frisch gepressten Limetten der Sorte, die in den Florida Keys heimisch geworden ist und auch als Swingle bekannt ist. Eben jenen Namen verwendet der Bäcker für eine Variante: ein handgroßes dieser Törtchen, in dunkle belgische Schokolade getaucht und gefroren und wie ein rundes Eis am Stiel serviert.

Steve's Authentic Key Lime Pie Red Hook

185 Van Dyke Street, mo-do ab 12 Uhr, fr-so ab 11 Uhr, das Ende der Öffnungszeiten hängt von der Jahreszeit und vom Wetter ab, Details auf der Website.

Hafenromantik: Waterfront Museum & Barge

Die letzten beiden Orte sind beileibe nicht die einzigen, von denen aus ihr in Red Hook einen tollen Blick aufs Wasser, auf die Freiheitsstatue, den Bootsverkehr oder den Sonnenuntergang habt. Am passenden Tag könnt ihr euch das Spektakel sogar von einem alten Holzboot aus anschauen:

Waterfront Museum Pier

Das ist der Blick auf die Freiheitsstatue durch eines der Schiebetore der Lehigh Valley No. 79, eines Lastkahns von 1914 – gebaut mitten in der Phase zwischen 1860 und 1980, als solche Kähne in New York massenhaft Güter von und zur Eisenbahn in New Jersey schipperten. Heute beherbergt diese railroad barge das Waterfront Museum.

Waterfront Museum

Dort erzählt euch Museumsdirektor David Sharp gern höchstpersönlich etwas über die Geschichte dieses Boots und dessen Restaurierung, über den New Yorker Hafen … oder die nächsten Kulturveranstaltungen. Das schwimmende Museum lädt namhafte KünstlerInnen verschiedener Sparten ein, den Raum mit Ausstellungen, Theaterabenden und familienfreundlichen Zirkus- und Geschichtennachmittagen zu füllen.

290 Conover Street, do 16-20 Uhr, sa 13-17 Uhr und bei Veranstaltungen, Eintritt zum Museum ist frei (um Spenden wird gebeten), manche Veranstaltungen kosten Eintritt, Details und Kalender auf der Website.

Extratipp:

Als Orientierungspunkt, um das Waterfront Museum zu finden, könnt ihr den großen Fairways-Supermarkt nehmen – er liegt quasi nebenan (allerdings mit einer kleinen Bucht zwischendrin, um die ihr einfach herumlauft – das Fußgängertor des Parkplatzzauns ist offen). Dort könnt ihr auch gut Pause machen: Wenn ihr vom Eingang des Supermarkts bis ganz hinten durchgeht, kommt ihr zu einem kalten und warmen Buffet, dessen Essen nach Gewicht verkauft wird. Hinter der Kasse dort hinten kommt ihr in einen Außenbereich mit einigen Tischen, an denen ihr mit Blick aufs Wasser essen könnt. Noch mehr Überblick bietet das gegenüber gelegene – und bei feierfreudigen Menschen äußerst beliebte – Fischrestaurant Brooklyn Crab mit seinen Plätzen im Obergeschoss.

Brooklyn Crab

 

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