New York verleitet die größten Kopfhängenlasserinnen dazu, den Blick zu heben. Da gibt es schließlich jede Menge Wolkenkratzer zu bestaunen. Aber so manches Geheimnis dieser Hochhäuser findet ihr … auf dem Boden.

Property Line in New York

“Property Line” steht da, in Messing graviert und schön an einer Kante ausgerichtet. Da verläuft die Grundstücksgrenze. Auf der einen Seite des Gehsteigs ist öffentlicher Raum, auf der anderen Seite Privatbesitz – meist in den Händen großer Unternehmen. Fein säuberlich grenzen sie ab, was ihnen gehört.

Oft steht auf solchen Eigentumsschildern noch ein Zusatz: “permission to cross revocable at will”. Man darf also da über die Schwelle treten, hat diese Erlaubnis aber nur vorläufig. Sobald der Besitzer des Grundstücks es verlangt, musst du verschwinden. Was mitten auf einem Gehsteig ja ganz schön seltsam klingt, vor allem in Manhattan, wo die Rush Hour das Herumlaufen zu so etwas wie einem Hindernis-Game für Fußgängerinnen macht.

Erst dachte ich, dabei geht es den Konzernen, die sich Bürohäuser bauen, nur darum, nach Lust und Laune unliebige Leute fortjagen zu können. Raucher zum Beispiel. Oder Obdachlose. Oder Demonstrantinnen. Runter von meinem Privat-Gehsteig! Aber dahinter steckt etwas anderes (jedenfalls zum Teil).

1998 erklärt es ein Andrew Alpern per Leserbrief der New York Times: Mit diesen Plaketten wollen Grundstücksbesitzer sich vor einem alten amerikanischen Recht schützen. Es heißt “adverse possession” und besagt, dass man ein Recht auf ein Grundstück erwerben kann, wenn man es frechweg zehn Jahre lang genutzt und in Besitz genommen hat, wohl wissend, dass es jemand anderem gehört.

Die Krux für Eindringlinge: Es muss eine feindliche Übernahme sein. Wer eine vorläufige Erlaubnis hat, das Grundstück zu betreten, kann es später nicht mehr in Besitz nehmen. Jedenfalls nicht rechtmäßig.