Kontrastprogramm zu gestern: Kleines Haus, unfertiges Stück, konzertante Aufführung, U-Musik statt E-Musik (oder anders gesagt: Musical statt Oper). Im achten Stock eines Hauses, in dem unten ein gelangweilter Rezeptionist sich vorwiegend mit Büromenschen herumschlägt, ganz nah am Times Square, muss ich im Gang vor dem Fahrstuhl warten, dass der Saal freigegeben wird. Aber da treffe ich später Jimmy, und deshalb frage ich mich jetzt, ob das Schicksal noch nicht mitbekommen hat, dass Ironie total aus der Mode ist.

Die Sache ist nämlich die: Ich bin diese ganzen Angeber so leid. Mich ermüden diese Leute, die ich berufsbedingt öfter treffe und für die es irgendwie wichtig ist, an welchem exklusiven Ort sie mit welchen wichtigen Leuten dieselbe exklusive Luft geatmet haben und von welchen exklusiven Veranstaltungen und wichtigen Ereignissen sie zuerst wussten. Ich weiß bei so etwas meistens schon nicht, was ich anziehen soll.

Und jetzt sitze ich hier und schaue mir “Barcode” an, in einer Fassung, in der ich mir oft Stücke anschaue: als Workshop oder Work in Progress. Damit kann man nirgendwo punkten, ich muss auch nie drüber berichten und kann mein Herz ganz ungeniert öffnen, wenn das Stück es hergibt. Und hier denke ich mir: Ach, das würde ich gern später noch mal komplett produziert sehen, als riesige, teure, funkelnde Broadwayshow.

Aber dann ist das vorbei, ich suche nicht sofort das Weite, und bevor ich “wichtig” oder “exklusiv” sagen kann, schüttle ich Jimmys Hand. “Ist mir eine Ehre”, sage ich zu ihm, und er freut sich. Ich freue mich auch. Dass mein lieber Freund Stephen mir gesagt hat, wer Jimmy ist. Jimmy alias James Rado hat “Hair” geschrieben.