Aus gegebenem Anlass – vielen Dank für die vielen besorgten Nachfragen – ausnahmsweise ein Nachrichtenthema:

Warten auf Irene.

Ich glaube ja schon seit geraumer Zeit, dass die größte Glaubensgemeinschaft in New York die Ironiker sind. “Irony is over” leugnen deren Mitglieder genauso vehement wie ihre christlichen Fundamentalistenkollegen die Theorien eines gewissen Charles Darwin. Und im Moment nerven sie mich mal wieder. Gestern hätte ich zu einer Party gehen können mit dem Namen “Come on, Irene”. Untertitel: “Bring it, Bitch!” Dazu hieß es: Komm vorbei, wir lassen uns doch das Wochenende nicht versauen. Alles eine Frage der Prioritäten. Und beim fröhlichen Fest bei den Surfern in Rockaway haben sie “Irene, Goodnight” gespielt (hab ich mir sagen lassen).

Auch dann, wenn sie in der Evakuierungszone A im zehnten Stock zwar trocken bleiben, aber weder E-Mails checken noch Mikrowellenpopcorn machen können und die Toilette nicht geht und auch die Feuerwehr ganz schlecht hinkommt, nachdem die Party ein bisschen ausgeufert ist, haben Ironiker sicherlich einen catchy Slogan parat.

Mir gefällt ja “better safe than sorry” sehr gut, aber das ordnet mich gleich einer fremden Glaubensgemeinschaft zu.

Auch aus Deutschland kommt Sarkasmus bis Zynismus. Irene sei doch nur noch Stufe 1, wir New Yorker sollen uns nicht so viele Sorgen um die Frisur machen (dabei gehen wir donnerstags zum Friseur, nicht sonntags). Und überhaupt sei man in den USA doch Hurrikans gewohnt. Und soll da jetzt nicht solchen Wind drum machen. Schade, dass selbst hämisches Unwissen nicht vor Schaden schützt.

Wenn man auf einmal in einem Notstandsgebiet wohnt, also besser gesagt, wenn man wo wohnt, wo auf einmal vorsorglich der Notstand ausgerufen wird, kann man dafür Dinge lernen, von denen man immer dachte, man braucht so was nicht zu wissen oder zu behalten. Selbst Allgemeinplätze bekommen eine neue Bedeutung. Zum Beispiel:

Bei einem Hurrikan ist oft nicht der Wind das große Problem, sondern das Wasser. Erinnert sich noch jemand an Katrina?

Stromleitungen unter der Erde sind von Überflutungen bedroht. Stromleitungen über der Erde macht der Wind zu schaffen und das, was der Wind vor sich hertreibt (Bäume zum Beispiel). Ich frage mich, ob sich das der Mensch, der sich die Redensart “vom Regen in die Traufe kommen” ausdachte, hätte träumen lassen.

In Hochhäusern braucht es viel Kraft, um Wasser durch die Leitungen nach oben zu drücken. Meistens erledigen das Elektropumpen. Fällt der Strom aus, gibt es deshalb auch kein Wasser mehr.

Hausbesitzer werden nicht primär deswegen gebeten, die Fahrstühle auszuschalten, weil man Strom sparen soll. Sondern vor allem deshalb, weil die Feuerwehr in einem Megasturm keine Notrufe gebrauchen kann, weil einer im Fahrstuhl stecken geblieben ist (zum Beispiel, weil der Strom ausgefallen ist).

Wenn man Fenster von außen diagonal mit Klebeband abklebt, fallen die Scherben nach unten, nicht mit Hochgeschwindigkeit nach innen, wenn der Sturm die Scheibe zerstört.

Obwohl die Karibikinsel Kuba schwer unter Hurrikans zu leiden hat, beklagt man dort nur wenige Todesopfer. Die Vereinten Nationen loben schon seit rund zehn Jahren Kuba für seine Vorsorge bei diesen Stürmen. Unter anderem wird dort frühzeitig evakuiert.