Schon mal von Canstruction gehört? Alle Jahre wieder zieht mich dieser Wettbewerb für Dosentürmchendesign zum Brookfield Place. Die teilnehmenden Architektur- und Baubüros denken sich einfach die dollsten Dinge aus, um auf ein Problem aufmerksam zu machen, dass für eine Industrienation und eine Metropole wie New York gleichermaßen peinlich ist: Hunger.
Nach Angaben der Hilfsorganisation City Harvest haben mehr als 1,2 Millionen Menschen in New York Probleme damit, regelmäßig etwas zwischen die Kiemen zu bekommen. Das “Baumaterial” der New Yorker Ausgabe von Canstruction wird City Harvest über food pantries und Suppenküchen an Bedürftige weiterreichen. Besucher der Ausstellung dürfen an einer donation station zudem Lebensmitteldosen mitbringen und abgeben.
Die teilnehmenden Firmen konkurrieren für diesen guten Zweck nicht nur um das beste Design und um bauliche Genialität, sondern unter anderem auch um das “Best Meal”. Diesen Preis hat die Jury diesmal dem Gartenzwerg verliehen, der aus Dosen mit Tunfisch, Lachs, vier verschiedenen Bohnensorten, Mais, Artischocken, Linsensuppe und Erbsensuppe besteht. Mich wundert mal wieder, dass nicht auch die Wortspiele bei den Titeln prämiert werden. Der Zwerg da oben heißt zum Beispiel “Gnome More Hunger” (klingt so wie no more hunger, also: Schluss mit dem Hunger).
Dieser Stiefel gäbe auch eine gute Grundlage für Botschaften gegen den Hunger ab, er heißt aber schlicht “CANStruction Boot” und sieht tatsächlich aus wie die Schuhe, die die Leute auf Baustellen hierzulande meist tragen. Eine Baustelle findet sich diesmal auch unter den Wettbewerbsbeiträgen, ich fand aber dieses fertige Bauwerk viel schöner, erkennt ihr’s?
Das ist das Taj Mahal, Verzeihung: CAN Mahal. Es besteht aus 1664 Dosen, die nach dem Ende der Ausstellung 1450 New YorkerInnen zugute kommen werden. Diese Art von Dosentürmen sind leicht zu enträtseln. Bei anderen dagegen habe ich erst mal ratlos davorgestanden: Was soll das denn sein?
Ich gebe mal einen Tipp: Das ist Teil einer berühmten New Yorker Architektur. Na? Es heißt “Fly Like CAN Eagle”. Immer noch nicht? Das ist einer der Wasserspeier des Chrysler Buildings, aber aus 6.000 Sardinendosen gebaut. Das hat sicher ganz schön gedauert!
Und es gibt noch eine bekannte New Yorker Architektur zu begutachten, die ihr auch ohne Fernglas bei einem Spaziergang wiedererkennen könntet:
Brownstone-Reihenhäuser, sogar mit der obligatorischen Treppe. Dieses Gebilde heißt “Evict Hunger!” und kriegt von mir den Preis für den am unglücklichsten formulierten Titel. Schließlich bedeutet er “Werft Hunger per Räumungsklage raus”, und die Praktiken mancher VermieterInnen in New York kann ich nicht so recht mit Wohltätigkeit unter einen Hut bringen. Dass die ArchitektInnen noch dazuschreiben, dass sie Hunger als einen unliebsamen Mieter in New York betrachten, macht es auch nicht besser. Aber immerhin: Ihre Brownstones tragen dazu bei, Tausende New YorkerInnen sattzumachen.
Die Beiträge zu Canstruction stehen nicht etwa in einem gesonderten Ausstellungsraum, sondern in den Gängen zu den Bürotürmen des Brookfield Place (Profitipp: Nicht grad gegen 17 Uhr vorbeischauen, wenn der Feierabendfußverkehr da durchrauscht!) und auch über das mit Werbeflächen zugepflasterte Luxuseinkaufszentrum im Erdgeschoss verteilt. Das führt zu ästhetischen Eindrücken, die so nicht vorhergesehen waren:
Beim Herumlaufen ist mir diesmal noch etwas aufgefallen: Dosen geben ganz schön große Pixel ab, und je nach Kunstwerk hatte ich Mühe, zu erkennen, was das eigentlich sein soll – bis ich es in klein auf dem Telefonmonitor sah. Hier zum Beispiel:
Wie bitte, ihr sagt: Das ist ein Wecker, ist doch logisch!? Na dann geht da mal hin und guckt euch das in natura an … aber bei diesem Dosenturm hab ich’s auch ohne Pixelverkleinerungstrick erkannt:
Den Preis für die Ansammlung der meisten Dosen hat übrigens ein Werk namens “Grand CANyon” gewonnen, das mit seinen 8.235 Dosen so groß war, dass ich es nicht schön fotografieren konnte. Ihr könnt euch aber alle Beiträge im Netz anschauen: Da steht nämlich noch der People’s Choice Award aus und listet entsprechend alle Werke. Und wenn ihr immer noch nicht genug bunte Dosen gesehen habt: Fotos von früheren Jahren findet ihr hier im Blog – zum Beispiel von Canstruction 2015 oder Canstruction 2014.
Canstruction 2018, bis 15. November 2018, jeweils 10-20 Uhr, Brookfield Place, 230 Vesey Street, GRATIS – Spenden in Form von Lebensmitteldosen sind willkommen, Website.
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