Wie oft hast du heute schon auf deine Timeline geschaut? Kennst du denn auch schon das neueste Update? Aus dem Apple Store?

Timeline

Nun schau doch mal genauer hin. Da macht dir gerade jemand ein T für ein F vor! Dieser Jemand heißt Evan Desmond Yee, und er hat noch jede Menge andere Ideen in einem Raum untergebracht, der einem Apple Store täuschend ähnlich sieht.

Apple Store Fake von Evan Desmond Lee

Auf den schick beleuchteten weißen Auslagen kann ich zum Beispiel ein rotes Objekt bewundern, das nur schön und nicht mehr funktional ist: die App App.

App App von Evan Desmond Yee

Ganz in Apple Store-Manier erklärt ein Schild hinter Plexiglas, was das ist, warum du es unbedingt brauchst, in welchen Farben es das gibt, zu welchen anderen Produkten es farblich passt – und was es kostet. Künstler müssen ja auch essen.

Preisschild

Tja, Leute. Ironie ist wie Punk: Kommt aus der Mode, ist total von vorgestern, wird für tot erklärt – aber was macht die nächste Generation? Schrammelt den Altvorderen ihr “Ätschibätsch” in zweieinhalb Akkorden um die Ohren und trägt die hässlichsten Sachen der Altvorderen, als hätte sie sowohl den ironischen Ton als auch die Musik entdeckt. Hat sie ja auch. Für sich jedenfalls.

Und deshalb dürfen sich daran ruhig alle ergötzen, egal wie alt. Punk ist doch super. Und die Ironie, na ja gut, die könnten wir vielleicht ab und an etwas leiser drehen. Aber nicht hier drinnen! Hier faszinieren mich ganz besonders die Perspektivfragen.

Brillen Nofilter

Das sind keine Brillen. Wir hatten das doch gerade erst mit der Ironie, oder? Hübsch aufgepasst, nachher saust die noch eine Runde tiefer in euren Hirnwindungen. Jetzt aber erst mal: Diese Gestelle sind aus Messing. Das macht sich beim Gewicht bemerkbar. Und dann ist da noch das Konzept.

“Higher resolution than 1080p, even higher than 4k, perceive life with absolute clarity”, schreibt der 24-jährige Künstler dazu. Folgerichtig gibt es #Nofilters und #iFilters. Letztere selbstverständlich in diversen Farben. So. Wer jetzt immer noch nicht dem jugendlichen Ironiesinn anheimgefallen ist, der folge mir zum Nocuous Rift.

Evan Desmond Yee

Das seltsame Gestell funktioniert folgendermaßen: Zwei iPhones kommen in den rechteckigen Ausschnitt, bei beiden die Kamera-App aktiviert für die vordere Linse, beide auf denselben Kameramodus eingestellt (zum Beispiel “square”, das jüngst verblichene Instagram-Quadratformat).

“Hold the Nocuous Rift to your face to view the world as you’ve almost always seen it before!”, frohlockt Yee in der Beschreibung. Die Geräte sind genauso zusammengebastelt wie viele DIY Hacks von Technikkram: Pappe und Klebeband halten das Äußere zusammen. Yee gießt seine Goggles dann halt noch in Aluminium.

Tja, das erinnert euch vielleicht an Oculus Rift, eine dieser Virtual Reality-Brillen. “Nocuous” klingt ja ganz ähnlich. Heißt aber “schädlich”.

Auf euren Spaß (oder das spöttische Grinsen da hinten in der letzten Bank!) an diesen einzelnen Sachen aus der Ausstellung lasse ich die Metaebene knallen: Die Ausstellung mit Apps und Gadgets heißt “The App Store” und steht – nach Stationen in einem Museum und einer Galerie, wo sie “StartUp” hieß – in einem Konferenzraum. Bei einer Firma, die Apps entwickelt. Und außerdem noch einen Coworking Space für andere Start-Ups betreibt. Padauz!

Da gibt es viele Tische, mal mit Stühlen, mal mit Hockern, außerdem Ledersofas. Kaffee und Snacks. Das ganze Jahr lang Eis. Und eine Tischtennisplatte.

Küche im Fueled Collective

Während ich mir im Konferenzraum “Pennyroyal” die Ausstellung anschaue, sitzen in eben diesem Raum eine Frau und ein Mann mit ihren Computern und diskutieren über den ISO ihres Start-Ups. Nein, das habe ich mir jetzt nicht ausgedacht. Ich habe die Glastür aufgeschoben und gefragt, ob ich wohl mal gucken darf.

Sie winken mich herein und wenden sich dann ungerührt ihrer ISO-Debatte zu. Sie reden nicht etwa über Fotografie, sondern über Wirtschaftsfragen. Sie wägen Vor- und Nachteile davon ab, einem Mitarbeiter Firmenanteile zu geben (Incentive Stock Options), lesen dazu in einem Rechts-Blog für Start-Ups und ziehen Schlüsse aus den Erfahrungen mit der anderen Firma, die der junge Mann an Morgan Stanley verkauft hat. Draußen vor dem Konferenzraum herrscht unterdessen emsiges Treiben im Großraumschweigen.

Applefake9

In New York treffe ich viele Leute, die die Welt verbessern wollen. Nicht die eine Welt; ganz unterschiedliche Welten. Und manchmal fällt ihnen dabei etwas ein, das vor allem ihr Image erleuchtet. Guter Nebeneffekt, sagen die einen. Schlimm, sagen die anderen. Und wieder andere meinen: Das ist ein Zeichen der Zeit. Was meint ihr?

Chasing Eternity, Evan Yee

Chasing Eternity von Evan Desmond Yee.

 

“The App Store” von Evan Desmond Yee ist derzeit für jeden, der Interesse hat, beim Fueled Collective in Soho zu sehen (568 Broadway, 11. Stock). Wie lange, weiß man nicht – vorher auf der Website nachschauen!