Die New Yorker reden mal wieder ständig über das Wetter. Und über den Bürgermeister. Zwar steht in jedem Reiseführer, man solle mit Amerikanern bloß nicht über Politik sprechen, weil die dabei keinen Spaß verstehen (Amerikaner sagen einem allerdings gerne, dass Deutsche keinen Sinn für Humor hätten), aber das Geplänkel über Kälte und Schnee verknüpft sich in New York gerade mit der Politik. Und das sieht so aus:

 

Upper East Side im Schnee - nicht geräumt!

 

Diese Avenue auf der Upper East Side schneite letzte Woche ungehindert zu. Kein Schneepflug versteckte parkende Autos unter einer weißen Haube, kein Streusalz biss sich in Hundepantöffelchen. Und das fanden die Upper East Sider unerhört.

Schließlich wohnen hier besonders viele reiche Menschen, und der neue Bürgermeister Bill de Blasio, der für freie Fahrt sorgen soll, hat einen Ruf als beinahe kommunistischer Revoluzzer weg (und will Ganztags-Kindergartenplätze für Vierjährige einrichten, finanziert mit einer neuen Extrasteuer für Leute, die mehr als 500.000 Dollar im Jahr verdienen).

Darin, dass die Straßen der Upper East Side nicht als allererste geräumt werden (also von Schnee befreit, nicht von Hausbesetzern), wittern die einen eine Racheverschwörung des Bürgermeisters gegen die Reichen (also sich selbst; sie haben Bill de Blasio ja schließlich nicht gewählt), die anderen eine Rufmordkampagne gegen den Bürgermeister (mitgetragen von boykottierenden Schneepflugfahrern, die ihm immer noch übel nehmen,dass er neulich Pizza mit Messer und Gabel gegessen hat und nicht anständig mit den Fingern).

Der Bürgermeister hat zwar eingeräumt, dass man den Räumdienst auf der Upper East Side besser hätte hinkriegen können, aber das reicht den Bewohnern nicht. Sie argwöhnen, dass irgendwelche anderen Gegenden New Yorks – womöglich sogar Brooklyn! – besser dran sein könnten. Also haben sie schon wieder etwas Neues zum Zetern gefunden:

Der Müll wird nicht abgeholt! “Der häuft sich höher als ein Geländewagen!”, sagt ein wutschnaubender Bewohner der Boulevardzeitung “New York Post”, die schon zu Beginn dieser Luxusseifenoper einen Kummerkasten für geschundene Upper East Sider eingerichtet hat.

Kein Sterbenswörtchen sagen diese Verfechter der Stadtteil-Hierarchie allerdings darüber, dass Bill de Blasio ja nun nicht in seinem geliebten Brooklyn wohnen bleibt – sondern ins Bürgermeisterhaus zieht. Und wo steht das wohl? Na? Auf der Upper East Side. Irgendwo hinter den Schnee- und Müllbergen. Bei den sieben Zwergen, die so gerne rufen: Wer hat von meinem Tellerchen gesessen?