Wir sollen Mittagspause machen. Das ist gesund und wichtig, gerade auch für die Karriere, wenn man sie zum Networking nutzt. Ist klar. Ausgerechnet der Mittagstisch serviert mir aber eine Erinnerung daran, was noch wichtiger ist.

Mittagspause in New York, das heißt: Die einen stehen Schlange, um in Plastik- und Alufolie verborgenes Essen mit in den Park zu nehmen – es ist so warm gerade! – oder an den Schreibtisch, wie immer. Manche kramen Mitgebrachtes hervor, stellen es eventuell in die firmeneigene Mikrowelle. Und die anderen gehen zum Lunch.

Beim Mittagessen lässt sich prima das soziale Umfeld pflegen, da bahnen sich Geschäfte an, nehmen Kunstprojekte Form an, schieben sich ehemalige Kollegen Job-Informationen zu, inspirieren sich kluge Köpfe gegenseitig, planen die “Ladies Who Lunch” eine schicke Wohltätigkeitsveranstaltung.

Hier und da genehmigt sich wer dabei ein Gläschen und guckt dann ganz erschrocken, wenn während des Mittagessens noch ein Kundentermin ins Telefon hineinplinkt. Hab ich etwa eine Weißwein-Knoblauch-Fahne? Hat jemand ein Kaugummi?

Ich mache nichts von alldem, gucke aber auch erschrocken. Kein Erinnerungsplinken vom Telefon schickt Nadeln durch meine Schultern, sondern das Schild.

Mittagessen und Steuern

Das Restaurant mit dem günstigen Mittagstisch hat geschlossen, weil seine Besitzer die Steuern nicht ordnungsgemäß bedient haben. Und – so schrillt es durch meinen Kopf – es ist gerade Steuersaison in den USA.

Bis zum 15. April müssen wir alle seitenweise Formulare ausgefüllt und abgeliefert haben, und vorher Schuhkartons voller Belege sortiert und fingerkuppenhornhautproduzierende Mengen an Zahlen in den Rechner getippt haben. Dafür könnte ich glatt mal eine Mittagspause investieren. Aber erst mal stelle ich mir vor, wie es wäre, im Restaurant lauter Leute zu treffen, die sich mit ihren Steuerunterlagen dort breit gemacht haben.