Die Nachrichten geben mal wieder jede Menge Futter ab! Essen kommt tatsächlich in gleich mehreren Meldungen vor, die in New York für Gesprächsstoff sorgen – und dabei erwähne ich nicht einmal den Tod von Koch-Autor-Fernsehmann Anthony Bourdain. Neben Pizza, Rattenfutter und Hähnchen geht es diesmal um fiese Politik und beeindruckende Kinder.

Pizzabote bringt Soldaten Essen, die rufen die Abschiebepolizei

Bereits kurz nach Amtsantritt des Präsidenten hat die US-Regierung erlassen, dass Einwanderer in Zukunft nicht nur wegen Gewaltverbrechen und schweren Straftaten abgeschoben werden, sondern wegen jeglicher Gesetzesverstöße. Deshalb seht ihr vielleicht auch bei euch in den Nachrichten Bilder von Menschen, die wegen eines Verkehrsdelikts von vor zehn Jahren von einer Einheit von ICE (Immigration and Customs Enforcement) abgeholt und in einen Abschiebeknast gebracht werden. Ein solcher Fall hat in New York für Wirbel gesorgt. Die Stadt gehört schließlich zu den Sanctuary Cities, die ihrer Polizei verbieten, Daten von möglicherweise “abschiebbaren” Menschen an ICE weiterzureichen.

Doch als der Pizzabote Pablo Villavicencio-Calderon mal wieder bei der Kaserne Fort Hamilton in Brooklyn ausliefert und seine IDNYC (ein von der Stadt eingeführter Ausweis, der besonders Leuten ohne Papiere helfen soll, sich ausweisen zu können) vorzeigt, rufen die Soldaten ICE an. Villavicencio-Calderon ist mit einer US-Staatsbürgerin verheiratet, hat mir ihr zwei Kinder und  im Februar eine Greencard beantragt. Doch ICE sagt in einer Mitteilung, er habe vor acht Jahren in einem Asylverfahren einer freiwilligen Ausreise zugestimmt, sei aber im Land geblieben – ein Vergehen, das jetzt zu einer schnellen Abschiebung führen soll. New Yorker Anwälte erreichen, dass diese Abschiebung erst einmal bis Juli aufgeschoben wird. Unterdessen stellen mehrere Pizzerien die Belieferung der Kaserne ein. (Nachlesen oder Video anschauen bei NBC)

Lokalpolitiker begutachten die Auswirkungen der ausländerfeindlichen Bundespolitik

Zu der eben erklärten Politik kommt noch etwas hinzu: ein neuer Umgang mit Flüchtlingen an den südlichen Grenzen der USA. Dort kommen Menschen an, die vor zügelloser Gewalt in ihrer Heimat – meist Honduras, El Salvador und Guatemala – fliehen und in den USA um Asyl bitten. Dass sie dafür zunächst die Grenze illegal übertreten (in den USA kann man Asyl nur beantragen, wenn man schon im Land ist), ist laut US-Gesetz nur eine Ordnungswidrigkeit. Bis April wurden diese Menschen deshalb wieder freigelassen und ihr Fall vor ein Zivilgericht geschickt – es sei denn, sie waren nachweislich Kriminelle, zum Beispiel Gang-Anführer. Das Gesetz hat sich unter der neuen Regierung nicht geändert, sie hat in den ersten 15 Monaten seit Amtsantritt rund 100.000 dieser Einwanderer freigelassen. Doch im April ordnete Justizminister Jeff Sessions an, diese Menschen zu inhaftieren und vor ein Strafgericht zu bringen – für die Ordnungswidrigkeit, die Grenze übertreten zu haben. Das ist keine rechtliche, sondern eine politische Entscheidung: Welche geringfügigen Vergehen verfolgen wir mit allen Mitteln? Zum Vergleich: In New York ist es illegal, bei Rot über die Ampel zu gehen, und Autofahrer dürfen außer in Notfällen nicht hupen. Aber die Polizei verfolgt diese Vergehen so gut wie nicht. Wer allerdings mit Alkohol am Strand erwischt wird, bekommt mächtig Ärger.

Dass die US-Regierung verfügt hat, die Grenzüberschreitung als Vergehen zu verfolgen, führt dazu, dass Familien bei der Inhaftierung auseinandergerissen werden. Die offizielle Begründung dafür ist, dass Kinder nicht strafmündig sind und deshalb nicht mit ins Gefängnis gehen. Allerdings werden diese Kinder in Lagern untergebracht, die sich von Gefängnissen kaum unterscheiden, und oft erfahren weder die eingesperrten Eltern noch die Kinder, wo der Rest der Familie ist. Mit Grausamkeit will die Regierung anscheinend erzwingen, dass die Abgeordneten in Kongress und Senat das Lieblingsprojekt des Präsidenten, die Mauer, durchwinken – und im Gegenzug eben jene Grausamkeit an der Grenze wieder ein bisschen abgemildert wird. Politiker aus New York und aus New Jersey haben sich am Sonntag eine Einrichtung angeschaut, in der Eltern aus solchen Familien inhaftiert sind – und auf viele Fragen keine Antworten gefunden. (Besuchsgeschichten Nachlesen bei amNY, Fakten zur Rechtslage bei der Washington Post)

So sieht die Schere zwischen Reich und Arm in New York aus

Die Stadt New York zwingt über ihre Stadtteilverwaltungen Baulöwen dazu, in Neubauten einen individuell verhandelten Anteil an “erschwinglichem Wohnraum” bereitzustellen. Als erschwinglich gilt in New York dann ein Drittel des von der Bundesregierung ermittelten Median-Einkommens in der Gegend. Weil diese Wohnungen sehr gefragt sind, gibt es bei der Vergabe eine Lotterie für alle jeweiligen Bewerbungen. Da kann man wegen diverser Angaben hinten anstehen oder vorne mitmischen – zum Beispiel haben Leute, die im jeweiligen Viertel bereits zu Hause sind, bessere Karten als solche, die von außen kommen. Die Schwächeren soll eine neue Regelung ab Juli besser schützen: Für Freiberufler fällt der Nachweis einer Erwerbsbiografie weg, und Opfer von häuslicher Gewalt oder Stalking dürfen nicht wegen direkter Folgen dieses Umstands (etwa Schulden) aus dem Rennen fliegen.

Die immense Nachfrage nach Wohnungen ist ein starker Faktor dabei, dass sich immer mehr Menschen das Wohnen in New York schlicht und einfach nicht leisten können – drei von zehn Haushalten müssen mehr als die Hälfte ihres Einkommens in die Miete stecken. Eine andere Realität in derselben Stadt: Teilzeitluxuswohnen. Auf einer Riesenfläche in Manhattan, von der 49th Street bis zur 70th Street zwischen Fifth und Park Avenue steht ein Drittel aller Wohnungen für 10 Monate im Jahr leer.

(Kurzes Feature über die Wohnungslotterie bei Curbed NY, ausführlicher Artikel über Wohlstand und Wohnen in New York in Harper’s Magazine)

New York legt Ratten auf Eis

Angesichts der schwülen Hitze dieser Tage kann man fast neidisch werden: Seit Beginn des Jahres gibt die Stadt New York den Ratten Eis. Trockeneis, um genau zu sein. Das wird zur Schlafenszeit der Nager an die Ausgänge von deren Bauten gelegt, um sie zu erledigen. Die Stadt hofft, damit die Rattenplage einzudämmen, ohne andere Tiere in Mitleidenschaft zu ziehen. Das bislang weit verbreitete Rattengift hat unter anderem dazu geführt, dass die Raubvögel, die sogar in Manhattan die Menge der Ratten dezimieren helfen, nach dem Verzehr von bereits vergifteten Ratten krank wurden und starben. Allerdings sagen Experten, dass das Eis allein nicht helfen wird: Das größte Problem sei der Zugang zu Rattennahrung, zum Beispiel im Müll. (Nachlesen beim Wissenschaftsnachrichtendienst Phys.Org)

Das macht Fast Food auch nicht besser

Gerade hat sich mit Pizza Hut eine weitere Fast Food-Kette in den Chor derjenigen eingereiht, die ihre Hähnchenbollen plötzlich (im Kleingedruckten: in vier Jahren) ohne “bestimmte” Antibiotika auftischen wollen. Ein anderes Restaurant hat hingegen einen neuen Zusatz entdeckt, der direkt an den Fingern kleben bleibt: Gold. Genau. Denn es gibt immer irgendwo Leute, die mit 45 Dollar nichts Besseres anzustellen wissen, als sich ihre ungesunde Ernährung zu vergolden. (Video vom Gold-Chicken Wings-Kochen und -Essen bei Reuters – Dank an @publictorsten für den Tipp!)

In meiner Badewanne Nussschale bin ich Kapitän!

Eine Gruppe Schülerinnen und Schüler aus Brooklyn ist letzte Woche im East River in See gestochen. Als wäre das nicht schon Abenteuer genug, hatten die Kinder dabei auch die Früchte von einem Schuljahr an (außerschulischer) Arbeit unter dem Hintern: Sie haben die kleinen Segelboote aus Holz selbst gebaut. Acht Monate lang haben sie bei Brooklyn Boatworks gelernt, wie man einen Bauplan liest und umsetzt, mit Werkzeug umgeht und im Team arbeitet – und über eine lange Zeit an einer Sache arbeitet. Eins der Boote haben sie hinterher Victory (Sieg) genannt. (Fotos anschauen und nachlesen beim Brooklyn Paper)