Zwei Nachrichtenhäppchen knallen in meinem Hirn aufeinander, dass es scheppert:
1) Wer als Ami etwas auf sich hält, blättert inzwischen 40 Millionen Dollar für ein schickes Zuhause hin. So sieht das aus.
2) Ein paar Schlaubergervermieter in New York annoncieren ihre Buden als “communal living” – also Gemeinschaftswohnen. Das ist Studentenheim-Style für Erwachsene, nicht etwa eine Hippie-Kommunen-Renaissance.
Ein “communal table” – langer Tisch, beliebt in Restaurants, die sich einen alternativen Anstrich verpassen – passt da auch nirgendwo hin (schaut mal auf den Grundriss). Das winzige Zimmer (Bad auf dem Flur) ist dann zwischen lumpigen 1500 und 1900 Dollar zu haben. Ohne Gemeinschaftskasse.
Wohnen in New York? Das kostet!
Diese Informationen habe ich natürlich ganz willkürlich zusammengepackt. Es gibt ja auch jede Menge Wohnungen für nur eine Million Dollar in New York. Oder ein Häuschen für ein paar Hunderttausend, eine Luxuskarre will man in der Gegend allerdings nicht unbedingt parken.
Zum Wohnen in New York gehört außerdem das Spektrum von riesigen “Diplomatenwohnungen” bis Mini-Apartments mit Klappmöbeln zur Miete. Und mehr als 370.000 Menschen stehen auf der Warteliste für die Housing Projects (Daten von März 2015). Das würde in Deutschland ebenso euphemistisch “Soziales Wohnen” heißen.
Aber die Gegenüberstellung von 40-Millionen-Palast und verbal aufgerüschter 1900-Dollar-Kammer zeigt am schönsten, wie weit die Schere zwischen Reich und Eigentlich-Ganz-Gut-Aufgestellt auseinanderklafft in New York. Da kann ich schlecht sagen: Och, mich betrifft das ja nicht. Auch wenn ich weder in dem einen noch dem anderen wohne. Wie kriegen wir es hin, dass die äußersten Enden sich aufeinander zu bewegen?
Ja, das frage ich nicht nur mich selbst. Gemeinschaftsdenken scheint ja zumindest als vage Idee wieder beliebt genug zu sein, um damit zu werben.
Moritz »mo.« Sauer
Mai 9
Mir erschließt es sich nicht – vielleicht bin ich als Kölner zu sehr Bauer – warum man in so einen Moloch zieht. Ich kenne Deine Warte, Du willst irre Geschichten erleben, dafür ist NY natürlich toll. Aber man verliert so viel Qualität. Warum sich eine Stadt wie NY nicht entzerrt, also die Menschen aufs Land ziehen, noch weiter an die Ränder, verstehe ich einfach nicht. Ich würde lieber Selbstversorger werden, als irgendwelchen Landlords die Taschen voll Geld zu kippen.
Die einen – ich nenne sie jetzt mal Arme – helfen den Reichen das System aufrechtzuerhalten. Manchmal glaube ich, da hilft nur Flucht oder Revolte.
Petrina Engelke
Mai 11
Hey Mo, danke für deine klugen Fragen, da mach ich doch glatt noch mal einen Anschluss-Post draus: “Aufs Land in New York” oder so. Aber erst mal was für dich!
Der Unterschied zu Köln ist: Anders als ihr leben wir hier auf Inseln, also auf begrenztem Raum, und mit sehr viel mehr Menschen. In NYC leben jetzt schon mehr als 8 Mio, Tendenz steigend, und ausweichen ist nicht. Selbst wenn du die Stadtgrenzen verlässt und ins Umland auf dem Festland gehst, hinter der Bronx, ist das sehr, sehr lange unerschwinglich für die meisten. Denn: Auch Wall Street-Heinis träumen vom Familienidyll mit Garten. Wer New York aus den Gründen verlässt, die du – völlig zu Recht! – anführst, der zieht im Moment beispielsweise nach Detroit. Das ist allerdings auch nicht gerade mit einem beschaulichen Vorort vergleichbar … ;-)
Ich sehe eine ähnliche Entwicklung auch auf andere Regionen (in der Welt) zukommen, das Grundproblem fällt in New York nur schneller auf, wie so vieles andere auch, was Gesellschaft bewegt. Was einer der Gründe ist, warum ich NYC so spannend finde. Und ich finde Veränderung attraktiver als Flucht. Nenn mich halt Idealistin. :-)