Blickfang der Woche

Manche Wörter sind  für mich wie Musik: Es reicht nicht, sie zu lesen; erst mit dem Klang enthüllen sie mir ihr Wesen. Ein typisch New Yorker Beispiel für so ein Wort ist dies:

Loisaida New York

Loisaida. Sagt das mal. Langsam. Schnell. Langsam. Erinnert es auch an irgendwas? Vielleicht an einen Teil New Yorks, unten im östlichen Manhattan?

Spanglish nennen wir die Sprache, aus der das Wort stammt. Spanisch und Englisch mischen sich im Schmelztiegel, und heraus kommen auch Stadtviertel, die wie mobile Mosaike wirken. Für eine Weile strahlt eine Farbe ganz besonders.

In den 70er Jahren wohnten auf einem Teil der Lower East Side viele Puertoricaner und weitere hispanics, und einer von ihnen, Bittman “Bimbo” Rivas, hatte sich in den Kopf gesetzt, die Nachbarschaft zusammenzubringen und damit zu stärken. Zu dieser Zeit gab es dort wie in vielen anderen Teilen der Stadt Probleme mit dem prekären Zustand der Wohnhäuser, Müll, Armut, Drogen und Gewalt.

Doch die Gegend brachte auch Kunst hervor. Bittman Rivas schrieb 1974 ein Gedicht namens “Loisaida”, mit dem er das Wort in Umlauf brachte – und ebenso die Existenz von Spanglish ansprach. Darin heißt es:

Loisaida, I love you

I dig the way you talk

I dig the way you look.

Zusammen mit anderen Aktivisten wie Armando Perez und Carlos “Chino” Garcia setzte sich Rivas nicht nur für die Anerkennung hispanischer Talente ein, sondern auch für das Viertel, das er so liebte. Unter anderem renovierten sie ein kaputtes Gebäude und gründeten dort ein Kulturzentrum, verjagten Drogenhändler, bildeten Gang-gefährdete Jugendliche in künstlerischen Techniken aus und machten Theater – sowohl buchstäblich als auch im übertragenen Sinne.

Rivas zählt zu den Pionieren einer Bewegung, deren Name ein weiteres wunderbares Spanglish-Wort ist: Nuyorican (eine Mischung aus New York und Puerto Rican, spanglish ausgesprochen). Die Nuyorican Poets wechseln in ihren Werken zwischen Englisch und Spanisch. Sie gründeten das Nuyorican Poets Cafe, das heute zu den ersten Adressen der Stadt für all diejenigen gehört, die sich für Literatur, insbesondere für Dichtkunst, Poetry Slam und Spoken Word interessieren.

Die Avenue C zwischen 14th Street und Houston Street trägt übrigens seit 1992 offiziell den Namen Loisaida.