Ich bin in keinen Brunnen gefallen und muss durch keinen Tunnel kriechen. Aber ich finde mich in Situationen wieder, die mir niemand als sonderlich wahrscheinlich vorausgesagt hätte. Und sie alle haben mit Begegnungen zu tun. Und mit Alice im Wunderland.
Der Reigen beginnt bei Alice’s Tea Cup, einem Café im Alice in Wonderland-Stil. Mit märchenhaften Kleidchen an der Wand und durchscheinenden Schmetterlingen unter der Decke. Und mit anständigem Tee. Dort treffe ich Mone. Ich kenne sie nicht, sie kennt mich nicht, und den Kontakt zwischen uns hat jemand hergestellt, den weder Mone noch ich je gesehen haben. Was uns drei vereint, ist das Schreiben. Und bald stellt sich heraus, dass irgendetwas unsere Fantasien verhakelt hat, jedenfalls bekomme ich in dem Moment, in dem ich mit der jungen Dame beim Tee sitze, eine E-Mail von dem Herrn, der uns einander empfohlen hatte, und dann gibt ein Wort das andere, bis wir schließlich ein Geschäftskonzept für eine Bowlingbahn mit Abenteuer-Touch (samt ausufernder Merchandise-Linie) ausgedacht haben sowie eine Serie namens “The Brian Show”, die parallel über Blogs, Facebook, Meetups und im Fernsehen läuft.
Auf dem Rückweg begegne ich einem Menschengrüppchen. Eine recht korpulente junge Frau, ihr gegenüber eine sehr, sehr ausladende Ältere, ein spirreliger Jüngling und zwischen ihnen ein Kleinkind im Kinderwagen. Es ist kurz vor zwei Uhr nachts. Die jüngere Frau redet fast ununterbrochen, die ältere grunzt ab und an dazu, der Jüngling macht Bemerkungen und lacht. Das Kind schaut von einem zum anderen und sucht Reaktionen. Die Erwachsenen kümmern sich nicht darum. Das Kind nickt vor sich hin, schaut wieder hierhin, dorthin. Dann beginnt es, mit den beiden Keksfragmenten, die es in jedem Fäustchen hält, zu sprechen. Erst als ich aussteigen muss, fange ich seinen Blick. Ich strahle es an. Eine andere Frau winkt. Sein völlig verwirrter Gesichtsausdruck verfolgt uns auf dem Weg nach draußen.
Auf dem Parkplatz der Washington Houses steht ein anderes Grüppchen. Männer, deren übergewichtige Leiber sich fast bedrohlich gegen das Licht der Straßenlaterne abheben. Ihre dröhnenden Stimmen höre ich bei geschlossenem Fenster. Einer greift durch das heruntergelassene Fenster des Autos, um das sie herumstehen, und dreht an der Musikanlage. Dann höre ich “Girls Just Wanna Have Fun”.
Keine Ahnung, was die Grinsekatze dazu gesagt hätte.
locklin
Mai 22
Ich war nie in einem Cafe namens Alice`s Tea Cup. Weil ich selten Tee trinke. NY ist mir immer noch ein Rätsel, also die Menschen dort, ihre Alltäglichkeit inmitten des Wahnsinns – falls man über den Time Square flaniert und einem, mit bombastischem Material beladenen, Pick-up am Straßenrand begegnet.
Mein Inkognito ist besser als es der beste Agent des Mossad hinkriegen würde.
Wir,Frau Engelke, kennen uns nicht. Mone kennt mich nicht, meine Tarnung ist perfekt.
Hier, in meiner gewählten “Enklave”, dringen frendländische Stimmen durch meine geöffneten Fenster. Girls ain`t wanna have fun, just boys.
Aber ich bin mir nicht sicher, ob das die Aussage schlechthin ist.
Wahrscheinlich nicht.
Muss Arabisch lernen um zu interpretieren.