Ich hatte das aus der Distanz gedacht. Und da kriegt er mich.

Klar habe ich eine Ausstellung auf der Liste, die “How To Do Things With Words” heißt. Das kommt meiner Arbeit schließlich nahe. Ich nutze die Gelegenheit, um dort Wafaa Bilal zuzuhören. Er hält einen Vortrag darüber, wie Künstler zu Kriegszeiten reagieren. Ich denke, jetzt erzählt er etwas über Künstler in fremden Ländern. Aber das tut er nicht. Er präsentiert seine Projekte der letzten Jahre.

Als erstes zeigt Wafaa Bilal Fotos und Videos von “Domestic Tension“, das auch als “Shoot An Iraqi” bekannt wurde: Dafür ist er in einen Galerieraum eingezogen, in dem er ein Paintball-Gewehr mit Webcam aufgestellt hatte. Über eine Website konnte man beide steuern – und auf ihn schießen. Nach zehn Tagen brach der Server unter der Last der Anfragen zusammen, kurz darauf stand er weit oben in den Charts von Digg, und an diesem Tag wurden 25.000 Schüsse auf ihn abgefeuert. Am letzten, 30. Tag kündigte er an, um einen Tag zu verlängern. Diesen 31. Tag widmete er all jenen, die gesagt haben: Das hältst du nicht durch.

Wafaa Bilal kam als Flüchtling vor rund 19 Jahren in die USA. Wegen anderer seiner Arbeiten hat es schon Demonstrationen gegeben. Mich hat er heute daran erinnert, dass nicht nur irgendwo anders auf der Welt Krieg ist. Sondern dass für das Land, in dem ich lebe, Kriegszeiten sind.

Und auch das Schießen auf lebende Ziele ist hier ganz normal. In Coney Island gibt es eine Unterhaltungsecke namens “Shoot the Freak”, in der man mit Paintballs auf einen Menschen schießen kann. Dieses Geschäft wird jetzt geschlossen. Nicht aus ethischen Bedenken, sondern weil der neue Vermieter andere Pläne hat.