Das ist jetzt aber seltsam. Dieser Schnitzelladen ist auf der Coney Island Avenue zu finden – mitten in Midwood. Midwood ist eine jüdisch-orthodoxe Gegend in Brooklyn; in den USA wird Schnitzel meist aus Schweinefleisch gemacht, und das wäre hier ein Skandal. In diesem Laden ist der Fleischlappen aber weder einem Schwein noch einem Kalb aus den Rippen geschnitten, sondern einem Huhn. So erklärt sich die Beliebtheit des Ladens.

Rundherum gibt es eine seltsame Mischung aus alten Läden und modernen Produkten. Die Werbebotschaften erscheinen mir manchmal seltsam; auch diejenigen, die ich lesen kann.

 

 

Die friedliche Liebesbotschaft weht vor einem Modeladen, in dem man vergeblich nach tiefen Ausschnitten sucht. In einer Bank in der Nähe kann man sich auch sonntags beraten lassen. Es ist eine eigene Welt hier – und sie hat sogar so eine Art Graffiti (ich glaube, es gehörte einmal zu einem Veranstaltungssaal):

 

 

Aber Midwood ist nicht aus der Zeit gefallen – hier leben Familien, die uralte Traditionen mit den Verlockungen des Wohlstands im 21. Jahrhundert verbinden. Da kann man einen Design-Windelhalter kaufen, bei dem ich erst mal minutenlang rätseln muss, was das wohl sein soll (und es mir schließlich nur mit Hilfe der Aufschrift auf der Verpackung zusammenreime), und gleich nebenan gibt es Perücken, wo es schon immer Perücken gab. Die trägt hier schließlich jede verheiratete Frau aus religiösen Gründen.

 

 

Die Herren der Schöpfung sollen natürlich auch nicht oben ohne gehen. Den schönsten Laden für sie sehe ich im Vorbeifahren, und er ist der Grund, weshalb ich überhaupt erst auf die Idee gekommen bin, Midwood zu erkunden. An diesem Hut kommt so schnell niemand vorbei:

 

 

Und erst auf der anderen Straßenseite wird mir klar: Ich bin in einem Paralleluniversum gelandet – das habe ich früher im deutschen Fernsehen gesehen. In schwarz-weiß. Da spielten aber keine Borsalinos und Perücken eine Rolle, sondern Stetsons und Federn.