Wer in New York für lumpige zwei Dollar fünfzig und quasi im Vorbeirauschen große Kunst anschauen möchte, sollte sich unbedingt diese Karte kaufen:

Metrocard New York

Das ist eine Metrocard. Mit ihr und einem beherzten Wisch kommt man in die New Yorker U-Bahn. Und damit im Grunde ins Museum. Denn viele U-Bahn-Stationen kritzeln Comic-Herzchen in kunstverliebte Kuckschlitze: Da vertreibt Buntes, Seltsames und Hintersinniges die Zeit, bis die nächste Bahn kommt. Hier vier Fun Facts über die Kunst in der New Yorker U-Bahn.

1. Aus dem Museum ausgerissen: Im Untergrund verstecken sich Kunst-Superstars

Schon mal von Roy Lichtenstein gehört? Na? Dem Pop-Art-Star mit seinen rot-gelb-blau-schwarz-weißen Comicszenen? Eins seiner letzten Werke hängt nicht im MoMA, sondern unter der Erde. Am Times Square im Zwischengang der U-Bahn nämlich.

Roy Lichtenstein Times Square

“Times Square Mural” prangt dort seit 2002; die Collage dazu machte Lichtenstein bereits 1990, als er sich mit den New Yorker Verkehrsbetrieben einig war. Doch der Künstler sah sein Werk nur noch auf dem Papier. Seine Erben übergaben Entwurf und Anweisungen 2002 – damit ist es wohl das letzte Werk Lichtensteins, das vollendet wurde. Aber damit hat es sich noch lange nicht ausgestaunt.

Der gute Mann versenkt nämlich nicht als Einziger einen großen Namen im New Yorker Untergrund. Auch

haben sich erfolgreich um einen Auftrag der New Yorker Verkehrsbetriebe MTA beworben.

2. Mehr fürs Geld: Die U-Bahn-Strecke mit den meisten Kunstwerken

Mehr als 200 Kunstwerke kann man in der New Yorker U-Bahn begucken: Mosaiksteinchen, Buntglasfenster oder Spezialfliesen funkeln in den Wänden, Skulpturen verteilen sich über den Bahnsteig und die Treppen oder baumeln von der Decke, Metall-Scherenschnitte vereinigen sich mit den Gitterstäben.

Fast überall begegnet einem Kunst im unterirdischen Labyrinth von New York, nicht nur in Manhattan, sondern auch in Brooklyn, Queens und in der Bronx. An den roten, blauen, grünen, gelben, orangen, braunen, lila und grauen Linien entlang rumpeln 24 Stunden am Tag “Hop on, hop off”-Züge für Kunsttouristen. Siegerstrecke nach der Anzahl der Stationen, in denen es U-Bahn-Kunst zu sehen gibt: die Linie 2.

U-Bahn-Kunst an der Linie 2 in New York

In 39 Stationen an dieser U-Bahn-Strecke steckt Kunst. Unter anderem

  • When Animals Speak (siehe Foto) von Elizabeth Grajales (34th Street),
  • die “Harlem Timeline” von Willie Birch (135th Street) und
  • George Trakas (Atlantic Avenue/Barclays Center) mit “Hook (Archean Reach), Line (Sea House), and Sinker (Mined Swell)”.
  • Und natürlich am Times Square Roy Lichtenstein (siehe Fun Fact Nr. 1).

3. Besonders gut versteckt: oberirdische U-Bahn-Kunst in New York

Aus einem Lüftungsgitter am Times Square, genauer gesagt, am Broadway zwischen 45th und 46th Street, dringt nicht die typische Mischung aus seltsamem Geruch und U-Bahn-Geratter, sondern ein Klang, der irgendwo zwischen Engelsharfe und Staubsauger schwebt.

Die seltsamen Töne stammen von einer Installation des Klangkünstlers Max Neuhaus, die sich an dieser Stelle seit 1977 unter dem Gitter versteckt. “Times Square” heißt sie schlicht, und ganz nach dem Wunsch des inzwischen verstorbenen Künstlers ist sie rund um die Uhr zu hören. Dazu muss man allerdings wirklich nah dran, also: rauf aufs Gitter. Es kostet ja nix.

4. Der Zahn der Zeit: Verzierungen der U-Bahn gab es schon vorher (nur eben anders)

Schon als die erste U-Bahn-Linie in New York gebaut wurde, reiste die Idee mit, die Haltestellen zu verzieren. Auch heute noch sieht man deshalb die Namen und Zahlen vieler Haltestellen als hübsches, manchmal buntes Mosaik in der Fliesenwand.

Mosaik in der New Yorker U-Bahn

Als nächste Kunst-Welle schwappte Graffiti in die U-Bahn-Tunnels. Mit Sprühdosen verzierten allerlei Menschen die Züge von außen, und es dauerte nicht lange, da hatte Keith Haring einen Waggon auch innen mit seinen Männchen vollgekritzelt. Ihm folgten Horden von Taggern mit ihren Filzstiften und benahmen sich, als wollten sie alten Menschen recht zu geben, Graffiti sei doch bloß Schmiererei. Darüber, wie die U-Bahnen in New York zu dieser Zeit aussahen, hat Designboom neulich bildreich berichtet:

Christopher Morris Captures the Gritty NYC Subway in 1981

Dieser Look war übrigens ein Grund dafür, warum die MTA 1985 mit “Arts for Transit” eine Extra-Abteilung für Kunst eingerichtet hat – und dafür bis heute eine Menge Geld beiseite legt. Die Idee dahinter: Sind die Haltestellen schön, benehmen sich die Leute auch.

Wie gut das hinhaut? Auch das lässt sich bei einer Kunst-Exkursion durch die New Yorker U-Bahn schnell mal eben feststellen.

Immer noch nicht genug von der U-Bahn-Kunst in New York? Ich schreibe dazu eine fortlaufende Reihe: Hier gibt es immer wieder neue Geschichten über einzelne U-Bahn-Stationen.