Wo Träume wahr werden

Beim ersten Mal dachte ich, das waren Kinder. Die ganze Straße war abgesperrt, und sie hatten Kreide verteilt, mit der die Kinder malen sollten. Ein paar Erwachsene taten das auch. Ich konnte doch nicht ahnen, dass einer von ihnen so was die ganze Zeit macht. Oder jemand den Mann kopiert, der überall in New York seine Botschaft hinterlässt. James de la Vega weiß, was er sagen will. Dass man seine Nachrichten in Manhattan kennt, liegt aber nicht etwa an großen, spektakulären Präsentationen; Kreide wäscht beim nächsten Schauer ab, Pappschilder machen es nicht viel länger, und…

Orientierungslauf im Central Park

Eigentlich ist es ganz logisch. Und praktisch. Aber eben auch nicht. Weil es kaum jemand weiß. Ich weiß gar nicht, ob ich es verraten darf. Mach ich aber einfach. Also: Wenn man im Central Park herumläuft, lohnt es sich, die Laternen genauer anzuschauen. Ich meine: genauer. Auf jeder dieser Laternen findet sich eine vierstellige Zahl. Und die ersten beiden dieser Zahlen kann man gut brauchen, wenn man sich verlaufen hat. Ob man eher westlich oder östlich im Park ist, sieht man an den Häuserreihen (sooo breit ist der Park dann nun doch wieder nicht), die…

Rätsel: Schon Ostern in New York?

Es ist nicht so schwierig, herauszufinden, welcher schräge Vogel sich diese großen, grünen Eier aus dem Hinterteil gedrückt hat. Aber warum sie in New York so in Mode sind, bleibt im Dunkeln. Vielleicht ist es eine Rechnung, die das Milchmädchen zusammen mit dem Eiermann gemacht hat: Der Inhalt eines dieser Eier entspricht dem von acht bis zehn Hühnereiern. Klingt praktisch. Aber es kostet viel, viel mehr als ein Dutzend.

Hase und Igel in Chinatown

Donnerstag hat schon wieder ein neues Jahr angefangen – diesmal nach chinesischer Rechnung. Da ist jedes Jahr einem Tier zugeordnet, dieses gehört dem Hasen, und in New York machen sie heute eine Neujahrsparade. Für mich gerät sie zu einem absurden Rennen. Dieser Hase ist das erste, was ich von der Parade sehe. Und er begegnet mir immer wieder. Während ich im Zickzack Menschenmengen umgehe und vermeintliche Abkürzungen nehme, ist dieser Wagen immer da, wo ich wieder zur Parade stoße. Aber auf meinen Umwegen begegne ich einem Kollegen von ihm. Die North Shore Animal League nutzt…

Von wegen Amateure!

Da oben sitzt es, im Buzzard’s Nest: Das schwierigste Publikum der Welt. Diese Leute sind gnadenlos in ihrem Urteil, sie machen sich lautstark Luft, und ihre Tradition könnte der Großvater vom Jury-Verhalten bei “American Idol” sein, wenn denn Sendungen wie diese jemals solche Stars hervorbrächten wie die Amateur Night im Apollo Theater in Harlem. In der Blütezeit des Jazz spielte sich in Harlem ein Schauspiel ab, das ich immer noch so schwerlich verstehe, weil ich keine Parallelerfahrungen danebenhalten kann. In den Clubs dort traten zwar viele schwarze Musiker auf; als Zuschauer aber durften Schwarze nicht…

Freddy’s Klo

Ich muss mal. Dabei spielt jetzt Brute Force, ich will meinen Lieblingssong “To Sit On A Sandwich” nicht verpassen und ich habe einen Platz, an dem ich sehen und sogar sitzen kann. Ein Typ namens Easy Bob verspricht, mir den Platz freizuhalten. Und er wünscht mir Glück. Er ist von hier aus schon zweimal zur Bar gegangen und hat es immer geschafft. Um zum Klo zu kommen, muss ich erst mal aus dem Back Room raus, einen schmalen, kurzen Flur entlang zur Bar, wo ich mich zwischen Bar und Sitzecken durchdrängeln muss bis ganz nach…

Schnappschuss-Kunst

Carriage Trade ist eine dieser Galerien, die man leicht übersieht. Ich laufe auf der gegenüberliegenden Straßenseite entlang, lasse mich von “Art in General” ablenken und schwupps, muss ich zurück und ganz genau auf die Hausnummern achten. Drinnen fügt sich ein flauschiges Kätzchen farblich perfekt in grobe Steinfliesen ein, Lichter formen geometrische Linien, Hinweisschilder ergeben fragwürdigen Sinn. Das sind alles ordentlich ausgedruckte Handyfotos. Von Künstlern, von Nicht-Künstlern, von Menschen in der Grauzone dazwischen. Die Auswahl für die Ausstellung traf der Galerist Peter Scott. Aus Prinzip. Seine Idee Nummer Eins: Die Schnappschussreihen nennt er “Social Photography”, sie…