Bis zum Frühjahrsputz ist ja noch Zeit. Heute misten wir in New York nicht im Haushalt aus, sondern im Kopf: Beim Good Riddance Day wandern schlechte Erinnerungen in den Müll. Das passiert kurz vor Silvester, schließlich sollen sie das nächste Jahr nicht belasten. Und das geht so: Man geht zum Times Square, lässt sich einen Zettel geben und schreibt drauf, was man loswerden will. Diesen Zettel wirft man dann in einen Mülleimer, verkündet, wenn man mag, dem Publikum, von welchen 2010-Erinnerungen man sich da verabschiedet, und sagt dann: “Good Riddance!” Das ist einer dieser herrlichen englischsprachigen Ausdrücke, die kaum übersetzbar sind. Er drückt die Freude darüber aus, etwas los zu sein.

Bettwanzen schickt einer in die Wüste, falsche Freunde ein anderer, und verdammt viele möchten gern die Erinnerung an Arbeitslosigkeit abschütteln. “Das ist jetzt das dritte Silvester, das ich arbeitslos verbringe”, sagt einer. Schlechte Gedanken loszuwerden kommt zuweilen einem guten Vorsatz sehr nahe: Da wandert ein Zettel in die Tonne, auf dem steht: “Gedanken an meinen Ex und seine Freundin mit ihren gelben Zähnen”. Manche bringen auch Rechnungen mit, sie haben ihr College-Darlehen abbezahlt oder einen Krankenhausaufenthalt und wollen das nun abhaken. Ein Mädchen möchte dasselbe mit ihrer Zahnspange tun. Zum Ritual gehört, dass die Tonne in einen riesigen Schredder geleert wird. Da ist genug Platz für Hirnmüll – loslassen muss aber jeder selbst.