Nun hupen sie wieder. Das ist zwar verboten, weil New York auch ohne Autofahrer mit nervösem Handballen schon laut genug ist, aber die entsprechenden Warnschilder sehe ich fast überhaupt nicht mehr. Die Stadt hat sie im Jahr 2013 abgeschraubt. Aufgegeben. Machtlos gegen den allgegenwärtigen Stau. Aber das scheint nur so.

Ich glaube ja, dass New York mit Hupkontrollen viel mehr einnehmen würde als mit Falschparktickets, aber die Polizei sieht das eben anders. Ich kann mich nicht erinnern, jemals einen Polizisten dabei gesehen zu haben, wie er ein Strafmandat für Hupen ohne Gefahr schreibt. Dabei steht darauf eine Strafe von 350 Dollar. Aber eben nur theoretisch.

Praktisch äußert sich Road Rage in Manhattan vor allem durch Hupen, und der Hauptgrund dafür besteht darin, dass es nicht schnell genug voran geht. Denn Manhattan ist den lieben langen Tag lang ein einziger Stau. Wenn wir Rush Hour sagen, meinen wir genau das Gegenteil: Erstens kann sich während der Rush Hour niemand beeilen, weil überall Stau ist. Und zweitens … dauert der Zauber viel, viel länger als eine Stunde.

Wann ist Rush Hour in New York?

Die New Yorker Rush Hour dauerte schon in den 80er Jahren drei bis vier Stunden. Heute hat sich die Stoßzeit auf 8 bis 19 Uhr ausgeweitet. Im Ernst!

Und was haben die Leute gemeckert, als Bürgermeister Bill de Blasio die Geschwindigkeitsbegrenzung in Manhattan von 30 auf 25 Miles per Hour (ca. 40 km/h) heruntergesetzt hat. Aber die muss man erst mal schaffen.

Während der Rush Hour ist so viel Stau, dass es nur mit durchschnittlich 11,5 Miles per Hour (18,5 km/h) vorwärts geht. Die U-Bahn schafft 55 mph, aus Sicherheitsgründen lassen die Verkehrsbetriebe sie aber selten über 30 fahren – immer noch doppelt so schnell wie ein Stauwagen. Und jetzt frag mich mal noch einer, warum so wenige New Yorker ein Auto haben.

Moment mal: Wieso ist denn dann Stau in New York?

Vor allem Autofahrer von außerhalb Manhattans tragen fröhlich hupend dazu bei, dass der Verkehr sich von morgens bis abends staut. Sie sind entweder auf dem Weg zur Arbeit in New York, auf dem Rückweg ins Umland – oder fleißig bei der Arbeit.

Klempner karren Werkzeug durch die Gegend, Postboten kramen nach Paketen, Zementmischerfahrer stehen an den Großbaustellen Schlange, und Lieferanten bringen Gemüse oder was auch immer Apple grad Neues am Start hat. Dabei fahren sie dann in der Eile nur so halb an den Straßenrand oder sie parken gleich in zweiter Reihe und verursachen … ein Nadelöhr, das wie gemacht ist für einen Stau.

Rush Hour Manhattan Lieferwagen Stau

Der Hauptgrund aber liegt in Manhattan selbst. Besser gesagt: Die Stadtplaner aus dem 19. Jahrhundert sind Schuld. Mit dem so genannten Commissioner’s Plan bekam die Landkarte von Manhattan im Jahr 1811 den Grid, das Gitternetz aus Straßen, das damals bis zur 155. Straße reichte und einen Gutteil der Insel in 2028 Häuserblöcke unterteilte. Heute sorgt dieses Muster für Stau. Und selbstverständlich hat New York einen Extranamen dafür geprägt: Gridlock.

Spezialstau à la Manhattan: Gridlock

Nach jedem Häuserblock tut sich für Autofahrer neue Staugefahr auf. Die breiten Avenues und die schmaleren Querstraßen kreuzen sich alle Nase lang; wer nach einer Ampelphase in der Mitte einer solchen Kreuzung festhängt, was übrigens verboten ist, verursacht eine Verstopfung, die schnell zu einem immensen Rückstau führen kann – und das Gitternetz für den Verkehr schließt. Daher stammt der Begriff Gridlock.

Mit erfunden wurde er ausgerechnet von einem, der sein Leben der Verkehrsberuhigung gewidmet hat: Gridlock Sam nervt die Verantwortlichen beharrlich mit klugen Ideen, wie der Dauerstau aufgelöst werden könnte. Für die Gegenwart hat er auch etwas in petto: Auf Twitter veröffentlicht er den aktuellen Stau-Report, und auf seiner Website gibt es immer eine Wochenend-Vorschau.

Rush Hour Manhattan Stau Hupen

Na, hübsch aufgepasst? Mein Foto zeigt nicht den Gridlock (seht ihr da etwa ein Straßengitter und rechte Winkel, hä?), sondern ein anderes New Yorker Verkehrsphänomen. Diese Menschen wollen alle Manhattan verlassen, tun sich aber mit dem Einfädeln vor dem Midtown Tunnel schwer.

Da deucht mir, als wolle New York sagen: “Guck, mit Me! Me! Me! kommste hier nicht weiter. Da taugt auch keine Stretchlimo.”

Das sagt New York aber natürlich nicht. So was macht die Stadt nicht. Wahrscheinlich sitzt sie da drin und knutscht und schert sich einen Kehricht drum, wie viele Leute nun schon wieder nicht vorankommen.