New York gibt ein Tempo vor, und nicht nur das: Für viele Chancen öffnet sich nur ein kurzes Zeitfenster. Entweder man trifft hinein, oder man hat das Nachsehen, ganz egal, wie schnell man war. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist diese Bank.
Sie ist Waldo Hutchins gewidmet, der zu dem Team gehörte, das die Entwürfe, Gestaltung und Verwaltung des Central Parks in seiner Entstehungszeit überwachte. Die beiden lateinischen Inschriften preisen die gemeinnützige Arbeit – und mahnen zur Erhaltung der Dinge, die uns am Herzen liegen, so dass sie nicht vom Lauf der Zeit zerstört werden. Oben in der Mitte der Bank sitzt passend dazu eine Sonnenuhr.
Das klingt schon nach einer tiefen Verbeugung. Doch für dieses Denkmal im Central Park hat man sich noch etwas viel Raffinierteres ausgedacht: Unten auf dem Boden sind drei feine, gebogene Linien. Zur Equinox, wenn die Sonne genau über dem Äquator steht (in der deutschen Umgangssprache unter Tagundnachtgleiche bekannt), fällt der Schatten der Banksitzfläche um 10, 12 und 14 Uhr genau auf eine der drei Linien, jeweils einmal im Frühjahr und einmal im Herbst. Das will ich mit eigenen Augen sehen (und natürlich mit der Kamera dokumentieren), deshalb hetze ich durch dichten Verkehr und denke, ich komme zu spät.
Ich bin aber, wie man sieht, gar nicht zu spät, sondern zu früh. Wir haben hier nämlich schon Sommerzeit, und so etwas gab es noch nicht, als der Marmor hier graviert wurde. Der alte Stein beharrt auf kurz nach elf. Obendrein, fällt mir aber erst nach der Heimkehr auf, fällt auch das Datum desFrühlingsbeginns immer unterschiedlich aus – und ich hatte mir für 2011 das falsche Datum gemerkt. Ich war gestern schon dort.
Aber heute, als es wirklich soweit ist, stellt sich mein Irrtum als glückliche Fügung heraus: Ich blicke auf Schneeregen, die Wolkendecke hält so dicht, dass kein Sonnenstrahl den Beweis angetreten hätte, dass ich zur rechten Zeit am rechten Ort bin. Aber ich habe jetzt Fotos, die dem, was ich sehen wollte, so nahekommen, dass es mir einleuchtet.
In New York ziehen die Chancen zwar schnell vorbei. Aber es kommen immer wieder neue. Im September kann ich noch mal versuchen, ins Schwarze zu treffen.
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