Ja, das lest ihr ganz richtig: Donald Trump hat Scherereien mit der Bank. Deshalb habe ich mich auf den Weg zum Trump Tower gemacht. Dort wohnt der Herr Trump, und dorthin gehört auch die Bank. Aber Trump hat sie verschwinden lassen, um an ihrer Statt einen Verkaufstresen aufzustellen – mit Trump-Devotionalien.

“That is too small”, sagt die Frau. Die andere Frau hinter dem Tresen klingt ein klitzekleines bisschen genervt, als sie ihr zu erklären versucht, dass sie das T-Shirt doch nur wegen des Motivs hochgehalten hat. Aber ihre Kundin versteht sie nicht. Mit vollmundigem italienischen Akzent wiederholt sie ihre Beschwerde.

Trump Tower Merchandise Laden New York

Es ist also wirklich wahr. Donald Trump hat jede Menge Fans im Ausland. Und die kommen scharenweise zum Trump Tower, um sich T-Shirts zu kaufen, Kappen mit “Make America Great Again”-Schriftzug oder Krawatten, Parfüm, Golfbälle, Süßigkeiten mit dem Namen des Reality Show-Stars.

Und dann holen sie sich im Trump Grill eine Ladung Zusatzkalorien. Schließlich gibt es die T-Shirts ja auch in XXL. Dafür müssen sie seit wenigen Tagen allerdings in den Keller.

Warum Trump seine Fans neuerdings in den Keller schickt

Daran ist Donald Trump selber Schuld. Als er 1979 den Trump Tower plante, wollte er den größten Glaskasten im ganzen Land sein eigen nennen, und dazu brauchte er eine Genehmigung. Den Regeln für diese Gegend in Midtown entsprechend durfte man nicht so hoch hinaus.

Trump Tower New York

Um grünes Licht für 20 weitere Stockwerke zu bekommen, ging er einen Deal ein, der seit Jahrzehnten in New York üblich ist: Mehr kassenklingenlassende Quadratmeter gegen Gratis-Raum für die Öffentlichkeit.

Solche POPS (Privately Owned Public Spaces) gibt es heute zu Hunderten in New York City. Und Donald Trump ist nicht der einzige Immobilienbesitzer, der damit Schindluder treibt. Versprechen kann man brechen, wie ihr immer wieder in den News der Aktivistengruppe Apops nachlesen könnt. Beim Trump Tower ging das eine ganze Weile lang glänzend – passend zu den allgegenwärtigen goldigen Spiegelflächen.

Trump Tower Marmor

Laut POPS-Deal musste der Trump Tower etliche Quadratmeter als öffentlich zugänglichen Raum gestalten, und das schloss gleich mehrere Stockwerke ein. Rolltreppen verbinden sie, und im vierten und fünften Stock (nach amerikanischer Zählart) führen sie zu jeweils einer Terrasse – den beiden “Gardens”. Von deren Existenz erfährt man in der Lobby nichts, es sei denn, man erblickt zufällig den kleinen Hinweis über den Aufzügen. Ich bin froh, dass ich sie gefunden habe. Erst mal.

Geheime Gärten im Trump Tower

Einer dieser “Gardens” ist nämlich verbarrikadiert, ein Wächter passt auf, dass niemand einfach die Samtkordel übersteigt und an der verschlossenen Tür rüttelt. Dahinter darben Pflanzen, soweit ich es sehen kann. Die andere Terrasse ist geöffnet. Hinterher erfahre ich, dass auch das nicht die Regel ist – was wiederum gegen die POPS-Regeln verstößt.

Trump Tower Garden New York

Golden ist dort gar nichts. Ein Wasserbecken mit Brunnen-Technik liegt brach, aber es stehen Tische und Stühle fürs Lunchpublikum bereit. Ob es nur fehlt, weil es schweineheiß ist, oder weil die Verantwortlichen im Trump Tower so wenig wie möglich dafür tun, dass man von ihrer Existenz erfährt, das weiß ich nicht.

Trump Tower Besucherterrasse

Nachdem ich beherzt auf die Tür zugegangen bin, folgen mir andere Besucher. Dabei fällt mir auf, dass im Trump Tower sogar die Notausgänge golden schimmern.

Trump Tower Notausgang

Unten in der Eingangshalle stand zu Beginn eine schwarze Marmorbank (den rötlichen Marmor des Hauses soll übrigens die damalige Trump-Gattin Ivana höchstpersönlich in Italien ausgesucht haben), weil POPS halt Sitzgelegenheiten aufweisen müssen. Sie zog sich nicht weit vom Eingang an der Wand entlang, gleich gegenüber von den Fahrstühlen, alles also sehr praktisch. Lange stand sie dort allerdings nicht. Trump hatte eine bessere Idee.

Er ließ Verkaufstresen bauen, und die Bank musste ihnen weichen. Seine offizielle Begründung: Der Trump Tower hätte arge Probleme mit Gesocks, das sich da niedersetze, das ginge ja nun nicht. Ob das Gesocks als Zielgruppe für einen Devotionalien-Laden taugt, hat er nie verlauten lassen.

Geldstrafen wegen  der verschwundenen Bank

Eine Strafe der Stadt von 4000 Dollar Anfang 2016 führte nicht dazu, dass wieder eine Bank in der Lobby auftauchte. Es gab sogar einen zweiten Verkaufskiosk und diverse, goldgerahmte Schaukastenschränke. Zuerst kam Trump damit davon. Dann stolperte er über seine Eitelkeit.

Trump Tower Merchandise

Er mochte sich so gerne in seinem güldenen Heim ablichten lassen, dass er zahlreiche Pressekonferenzen im Atrium des Trump Tower abhielt. Dafür schloss er selbstverständlich den kompletten Raum. Und das wiederum brachte die Stadt New York erneut auf den Plan.

Ab Mai 2016 hinterfragten städtische Mitarbeiter, ob Trump etwa gegen seinen Deal verstieß: POPS sind schließlich keine Privaträume, in denen ab und zu mal ein Devotionalienkunde auftauchen darf, sondern sie müssen von 8 bis 22 Uhr öffentlich zugänglich sein. Trump hatte das zu oft ignoriert. Und in diesem Zuge fiel auch auf, dass er die Eingangshalle kommerziell nutzte – und die Bank immer noch fehlte.

Einer weiteren Aufforderung der Stadt, das unverzüglich zu ändern, kam Trump aber ebensowenig nach wie beim ersten Mal. Zögerlich verschwand einer der Verkaufstresen. Zum Gerichtstermin erschienen weder Trump noch irgendein Mitarbeiter oder Anwalt.

Das brachte ihm eine weitere Strafe von 10.000 Dollar ein. Es sah nicht so aus, als würden diese Beträge irgendetwas ändern. Aber dann kam noch etwas hinzu: schlechte Presse.

Eine seltsame Touristenattraktion

Auch die hatte zunächst einen Vorteil für Trump: Auf einmal wusste wirklich jeder, wo der Trump Tower steht und dass es da Trump-Merchandise zu kaufen gibt. Inzwischen stehen Absperrgitter ums ganze Haus herum, die Fans im Zaum halten sollen. Und, so vermute ich jedenfalls, auch Demonstranten.

Touristen vor dem Trump Tower in New York

Binnen weniger Minuten vor dem Trump Tower kommen so viele Leute, die Fotos machen, dass ich mich glatt verzähle, wie viele. Viele von ihnen machen einfach nur ihr Bild. Andere machen Porträts und Selfies. Einige von ihnen halten dabei einen Daumen hoch. Andere nehmen einen anderen Finger.

Und die Bank … ist wieder da. Nur aus Metall, nicht mehr aus Marmor. Der Verkaufstresen ist in eine kleine Ecke im Keller umgezogen (hier gibt es ein Bild, wie groß er oben einmal war). Die Bank findet reges Interesse, es dauert eine Weile, bis ich dort auch mal Platznehmen darf.

Trumps Bank

Ich dachte, hier hocken nur Leute, die auf den Fahrstuhl starren in der Hoffnung, Trump zu sehen, den leibhaftigen, meine ich. Aber die meisten scheinen sich hier einfach nur von der Hitze auszuruhen. Drinnen kühlt eine gigantische Klimaanlage das Haus auf Märzniveau. Klimawandel exisitiert für Trump ja praktischerweise nicht so richtig.

Nächster Streitpunkt: Kaffeebude

Auf ihn warten die Schaulustigen vergeblich. Angeblich geht Trumps Gattin Melania aber gerne zu Starbucks, das in dem Gebäude eine Filiale hat. Genau deshalb, also nicht wegen der Gattin, sondern wegen des Standorts, geistert eine Aktion namens Trump Buycott durchs Internet: Die Beteiligten versprechen, Starbucks-Gutscheine zu kaufen, wenn die teure Kaffeekette aus dem Trump Tower auszieht. Die Mieteinnahmen flössen doch wohl dem Falschen zu. Ich bin nicht so sicher, ob sie das tun. Trump gehört nur noch ein Bruchteil des Gebäudes.

Trump Tower Lobby

Nach meinem Besuch muss ich gestehen: Ich würde durchaus wiederkommen. Als POPS taugt der Trump Tower nämlich ganz gut.

Es ist Platz, die “Gärten” sind praktisch Geheimtipps und entsprechend ruhig (wenn man denn hineinschlüpfen kann), und ganz unten kann man neben einem Wasserfall sitzen und lunchen. Oder halt mal kurz in der Lobby die Bank drücken, wenn es draußen zu schwül ist – und zusehen, wie die Trump-Fans nach dem Verkaufstresen suchen.

Trump Tower, 725 Fifth Avenue (zwischen 56th und 57th Street), Midtown. Der POPS ist zwischen 8 und 22 Uhr geöffnet. Wer sein Glück mit den Terrassen versuchen will, sollte nicht den Fahrstuhl nehmen (die Türsteher lassen einen unter allerlei Vorwänden nicht hoch), sondern die Rolltreppe. Den Weg zum Merchandise-Stand erklärt einem jeder Aufpasser gern.