Eigentlich muss ich das nicht haben – im Sommer vor dem Sonnenaufgang aufstehen. Aber für dieses Abenteuer mache ich das ganz freiwillig und frohgemut. Wir müssen früh los, damit wir rechtzeitig mittags in Manhattan sind. Still liegt aber nur das Wasser, um uns herum machen Seevögel schon einen Heidenlärm.

 

 

Wir segeln von Broad Channel, einer Insel weit draußen in Queens, nach Manhattan. Es ist neblig, die Küste von Brooklyn wirkt gespenstisch, und als wir weiter raussegeln, um im passenden Winkel durch das Nadelöhr zu kommen, das uns in den New Yorker Hafen bringen wird, verliere ich für einen Moment die Orientierung. Dann sehe ich die Verrazano Bridge auftauchen, unter der wir durch müssen. Also los:

 

 

Ich kann gar nicht immer nur nach vorn schauen. Wir sind zu zweit und wechseln uns damit ab, wer nach vorn und wer nach hinten Ausschau hält. Hier fahren auch die Containerschiffe her, und die können weder bremsen noch ausweichen, auch wenn sie unsere Nussschale auf dem Radar sehen. Als ich mal wieder die Frage höre “Kommt da hinten nichts?”, sage ich: “Nein. Doch!” Ein gigantischer Autotransporter schiebt sich durch den Nebel, und wir wechseln den Kurs. Alles gut. Und ganz langsam zeichnet sich die Südspitze von Manhattan ab.

 

 

Dann wumpern wir durch die Wellen der Fähren, Schlepper und Barkassen, die durch den Hafen kreuzen. Ich schaffe es irgendwie, mein Fototelefon nicht ins Wasser fallen zu lassen, frage aber inzwischen immer meinen Begleiter, ob er mal kurz das Steuer halten kann, wenn ich es zur Hand nehme. Muss ich auch schon wieder, denn langsam lichtet sich der Nebel – jetzt sieht es so aus:

 

 

Und je näher wir der westlichen Seite kommen, desto mehr Ausflugsschiffe scheinen von allen Seiten zu kommen. Mit gutem Grund:

 

 

“Wir sind jetzt auf tausend Touristenfotos”, sagt mein Begleiter. Ich winke den Paparazzi zu und sage: “So wie wir jetzt sind früher alle Leute nach New York gekommen.” Und wir schweigen. Früher mussten die Leute allerdings erst mal gleich nebenan bei der Freiheitsstatue auf Ellis Island einkehre, und dort konnten sie nur hoffen, dass die Einwanderungsbehörde ihnen den passenden Stempel gibt. Wir können direkt in einen kleinen Hafen vor dem World Financial Center einlaufen.

Da gehe ich erst mal kurz aufs Klo. Als ich wiederkehre, hat eine Yacht hinter uns angelegt. Mit Personal, das erst mal das Deck saubermachen muss, und Sicherheitsleuten, die mit Funkgerät herumlaufen. Drinnen schauen reiche Leute Fernsehen. Jetzt finde ich es goldrichtig, dass ich mir auf See ein Kopftuch umgebunden habe, damit mir nicht ständig die Haare vor die Optik wehen. Ich sehe aus, als käme ich gerade von einem Piratenabenteuer.