Unterwegs in El Barrio (Spanish Harlem, im Nordosten von Manhattan) komme ich an einem Juweliergeschäft vorbei. Das erinnert mich daran, dass ich seit gestern meine Armbanduhr in der Tasche trage. Die Verbindung von Armband und Uhr hatte sich gelöst. Kurzentschlossen betrete ich das Geschäft. Hinter dem Tresen steht eine Frau, die gerade etwas abtrocknet, das nach einer Lunchbox aussieht, vor mir steckt ein Mann sein Wechselgeld ein und wechselt mit der Frau spanische Worte, während hinter ihr ein Mann an einem kleinen Werktisch in sein Handy bölkt.

Dann nimmt die Frau mich wahr und fragt auf Englisch nach meinem Begehr. Ich erkläre und zeige ihr das Problem, sie nimmt meine Uhr und gibt sie dem Mann im Hintergrund. Der klemmt sich das Handy zwischen Ohr und Schulter und schaut mürrisch (meine Uhr repariert er glaube ich mit Handystrahlen, jedenfalls scheint er sich nicht zu bewegen, aber sie ist jetzt wieder ganz). Die Frau hat längst eine neue Kundin entdeckt, nimmt einen Zettel mit einer Nummer entgegen und holt einen Umschlag. Den öffnet sie und schüttelt eine goldene Kette mit Anhänger heraus. “Wie schön!”, strahlt sie die Kundin an. “Haben Sie getrunken?”

Die Kundin schaut verdattert. “Na, wofür ist das? Alkohol? Drogen?” – “Ich habe Marihuana genommen”, sagt die Kundin leise. – “Und das machen Sie jetzt nie wieder”, sagt die Verkäuferin. “Sie müssen durchhalten. Ich habe aufgehört, Zigaretten zu rauchen, und ich habe nie wieder eine angerührt.” Sie schaut die andere Kundin und mich an. “Toll”, sage ich, während die andere die Kette wegsteckt. Vergeblich habe ich versucht, zu erkennen, wie so ein Anhänger aussieht, der einer Juwelierladenverkäuferin sofort verrät, dass er Zeichen eines Abstinenzversprechens ist.