Da wäre alles nicht passiert, wenn ich nicht an der Treppe vorbeigelaufen wäre. Die Yoshimoto Nara-Ausstellung ist in den oberen Stockwerken der Asia Society, aber als ich eintrete, lenken mich Leute und Lärm ab. In der Bar im Erdgeschoss schreit gerade jemand in ein Mikro: “Und der letzte Gewinner ist …” Da läuft wohl eine Tombola, denke ich mir, mir kommen Leute mit Cocktail in der Hand entgegen, und für mich sieht es so aus, als sei das eine private Feier (ist es aber nicht; später erfahre ich, dass die Asia Society freitags gerne mal Parties veranstaltet, und meistens gibt es dort irgendwas zu gewinnen). Mein Blick folgt einem verhuschten Asiaten, der davon ebenso irritiert zu sein scheint wie ich, der lässt sich gerade den Weg nach unten weisen. Von oben sehe ich da einen Stand mit Kleinkram. Und ich gehe runter.

Auf dem Tisch liegen aber keine Nara-Postkarten, sondern Hasenohren für 12 Dollar und CDs und Mangas, das Mädchen dahinter ist allerliebst niedlich verkleidet (kawaii nennt man das), strahlt mich an, als ich auf eine CD schaue, und sagt: “Reni ist hier, sie tritt gerade auf!”

Ich will höflich sein und strahle zurück, das Mädchen zeigt hartnäckig auf einen Vorhang, ich husche durch – und lande auf einem fremden Planeten. Ich stehe ganz oben in einem Saal. Unten singt Reni Mimura.

Zuckersüß ist das. Weil sie aber ja nun mal der Star ist, frage ich mich, was der Tisch mit den Schildern soll. Schnell lerne ich, dass hier ein Cosplay-Wettbewerb stattfindet: Menschen verkleiden sich – meist, aber nicht ausschließlich, inspiriert von ihren Lieblings-Manga-Figuren. Und Reni sitzt mit in der Jury.

Moderiert wird das ganze von einem Comedian, dessen Witze nicht unbedingt gut ankommen, aber irgendwie schafft er es, eine unbeschwerte Atmosphäre zu schaffen, so ganz anders als die durchgestylten Schönheitswettbewerbe. Ich bleibe und freue mich für das Mädchen, das sowohl den Preis der Jury als auch den Publikumspreis gewinnt (die erste in der Reihe). Insgesamt ein Jahr hat es an seinem Kostüm gearbeitet.

Danach bleibt mir nicht mehr genug Zeit für die gesamte Yoshimoto Nara-Ausstellung. Aber ich komme noch bis zum “kowa kawaii”-Teil: Seine unheimlich süßen (im Sinne von niedlich plus gleichzeitig unheimlich) Kinder haben es mir ja besonders angetan.