Wunde Daumen für die Kunst

Na toll. Ich hatte extra vorher angerufen und gefragt, ob die Ausstellung noch läuft und um welche Uhrzeit die Galerie geöffnet ist. Und jetzt stehe ich in strömendem Regen vor verschlossener Tür. Kein Zettel verrät, ob da gleich wieder einer zurückkehren wird, auf Klopfen rührt sich auch nichts. Ein junger Mann raucht ein paar Schritte weiter, aber leider ist er nicht der Galerie-Aufpasser, der mir die Tür öffnen könnte. Also kann ich nur durch die Fenster schauen, in denen sich Autos spiegeln. Dabei müsste ich gerade hier ganz nah ran. Andre Woolery hat die Bilder…

Zwischen den Gleisen

Über New Yorker U-Bahn-Kunst schreibe ich ja immer wieder. Aber da unten gibt es noch eine andere Kunst, die man nur selten zu sehen bekommt. Der Rund-um-die-Uhr-Service macht es schwierig, Gleise, Signale und Weichen in Schuss zu halten. Viele der Arbeiten werden deshalb nachts und am Wochenende erledigt. Sie stören aber trotzdem den Verkehr. Umgekehrt machen die Züge Arbeit: Einer aus dem Team muss die ganze Zeit aufpassen, ob die nächste Bahn kommt. Beim Zuschauen kann man lernen, wo man in relativer Sicherheit steht, falls man mal in die Verlegenheit kommen sollte, auf den Gleisen…

Abschalten im Coffeeshop

Wie in anderen Großstädten auch sieht man in New York viele Leute im Café vor ihrem Computer sitzen. Manche schauen nur mal schnell etwas nach, manche lesen, und manche tun das, was sie Arbeit nennen. Besonders in Hipstervierteln kann das dazu führen, dass alle Tische den ganzen Tag lang von denselben Computern belegt sind. Manche Cafés sind extra dafür ausgelegt, sie bieten nicht nur WiFi, sondern auch Stromanschlüsse direkt auf dem Tisch, und sie haben Gäste, die wissen, dass man artig jede Stunde wieder etwas Neues bestellt. Andere Cafés hätten lieber mehr Fluktuation, weniger Stromverbrauch…

Eisblumen

Herzlich willkommen, Väterchen Frost! Unwahrscheinlich, dass der Kerl aus Russland hergekommen ist, im Wetterbericht sah das jedenfalls anders aus. Aber es friert. Ausgerechnet jetzt kommt ein Bagger auf den Parkplatz gefahren. Er soll da den Boden aufhacken, sie wollen ein Fundament legen und bis Februar damit fertig sein. “In Deutschland würden sie das nicht machen”, höre ich mich sagen und schäme mich ein bisschen, vor allem, als einer von den Männern in herrlich gebrochenem Ostblock-Deutsch sagt: “Deutschland Winter nix Arbeit.” Ich versuche das Argument, dass so was bei gefrorenem Boden doch viel aufwändiger ist und…

Bitte lächeln!

Die Frau erinnert mich sehr an eine Figur aus einer Fernsehserie. Ihr Gesicht, ihre Größe, ihre Haltung – nur dass die TV-Frau energisch ist, und sie hier strahlt eine Müdigkeit aus, bei der ich am liebsten sagen würde: Gehen Sie doch besser mal nach Hause, der Job ist doch jetzt viel zu viel für Sie. Aber ich bin ja nicht ihre Chefin, sondern ihre Kundin. “Passfotos können Sie da hinten in der Pharmacy machen”, hatte mir der Mann vorn an der Kasse der Drogerie gesagt. Deshalb habe ich die Frau am Pillentresen gefragt, wo man…

Immer dasselbe Theater!

Eben erst hat mir ein Schreiner bestätigt, dass die New Yorker Feuerwehrleute nicht lange fackeln, wenn sie irgendwo hineinwollen. Er hat ein gutes Geschäft mit einer Reihe Türen gemacht, die komplett erneuert werden mussten, nachdem die Männer mit den Äxten und Helmen sie kurz und klein gehauen hatten. Und jetzt stehe ich in der Kulissenwerkstatt der Metropolitan Opera und habe ein Dejà Vu: “Jeden Abend hauen die das kaputt”, sagt der Handwerker dort. Die Tafel am Ehrenmal von Bertarido fällt bereits in den Proben zu “Rodelinda” der Opernleidenschaft zum Opfer, und so muss eben ordentlich…

Geld im Guggenheim

“Wie oft sagen Sie das am Tag?”, frage ich den Wachmann. Er lächelt betreten. Sehr oft. Ich finde, es würde die Sache vereinfachen, wenn er das gleich am Eingang verkünden könnte. “Sie wollen nicht, dass wir hier laut werden”, sagt er. Ich empfehle ihm, ein Schild um den Hals zu tragen. Er lacht kurz auf und eilt dann zu dem Typen im weißen Pullover. “Sehen Sie den?”, hat er vorher noch gesagt, “der denkt, ich sähe das nicht.” – “So wie ich?”, frage ich, und beeile mich zu erklären, dass man das aber anderswo wirklich…