Frühling! Oder: Vernal Equinox

New York gibt ein Tempo vor, und nicht nur das: Für viele Chancen öffnet sich nur ein kurzes Zeitfenster. Entweder man trifft hinein, oder man hat das Nachsehen, ganz egal, wie schnell man war. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist diese Bank. Sie ist Waldo Hutchins gewidmet, der zu dem Team gehörte, das die Entwürfe, Gestaltung und Verwaltung des Central Parks in seiner Entstehungszeit überwachte. Die beiden lateinischen Inschriften preisen die gemeinnützige Arbeit – und mahnen zur Erhaltung der Dinge, die uns am Herzen liegen, so dass sie nicht vom Lauf der Zeit zerstört werden. Oben…

Zuschauerparty

Es war gar nicht so einfach, hier reinzukommen. Man hört ja immer von diesen geheimen Clubs mit den besten Partys, von denen man nur durch Mundpropaganda erfährt. Hier musste ich mir einen Titel merken, die Website dazu eintippen, da dann angeben, wann ich kommen will, und dann warten, ob ich Glück habe. Heute Mittag kam die E-Mail, dass ich von der Warteliste gezogen worden bin, jetzt muss ich schnell bestätigen, dann kommt eine Adresse mit weiteren Anweisungen. Nun sitze ich hier, unter meinen Stiefeln quietschen die Reste von Doritos, mit denen drei bekiffte College-Kids sich…

New York Babylon

Einen entlegenen Winkel würde ich es nicht nennen. Aber Jackson Heights ist auch nicht gerade der Nachbar vom Times Square. Der Stadtteil liegt so einige Stationen in Queens hinein, ein Teil ist südamerikanisch, ein anderer Teil südasiatisch geprägt, und offenbar wohnen hier viele Menschen mit Augenproblemen, jedenfalls komme ich an so vielen Optikern vorbei, dass ich darüber nachdenke, dass meine Augen bestimmt schon wieder schlechter geworden sind. So traue ich eben jenen auch erst nicht, als ich in einen vollgestopften kleinen Schreibwarenladen trete: Diese Wörterbücher sind eine Anschaffung fürs Leben – der Umtausch ist ausgeschlossen.

Wie man einen Oscar bekommt

Da reden sie alle von Hollywood, aber die Oscars stehen doch in Midtown. Im Hauptbahnhof von New York kriegt jeder, der will, einen Oscar. Dafür muss man können, worin New Yorker spitze sind: Schlange stehen. Man stellt sich da also an, wartet ein bisschen, und dann darf man rein, sich ein paar historische Trophäen anschauen und einen echten Oscar halten, dabei wird man natürlich auch fotografiert. Ich frage mich, wie die das Ding dann rechtzeitig zur Verleihung nach Los Angeles kriegen. Andererseits: Wir sind denen ja drei Stunden in der Zeit voraus, und die Feier…

Literatur ohne Ende

T. C. Boyle steht halb hinter dem Regal und wippt auf den Zehen. Vorne steht eine strenge Frau, die ihn schließlich heranwinkt auf seinen Platz zwischen “Addicted/Recovery” und “Philosophy”. Das sind keine Schubladen, sondern Buchregale, und bei “Philosophy” bleibt eine Frau ungerührt stehen und sucht sich Lektüre aus, als T. C. Boyle schon zu erzählen beginnt. Von Adlern, wahlweise weißköpfig oder golden, und von Mini-Füchsen (“so groß wie Hauskatzen, normale Hauskatzen, also nicht Ihre fetten Katzen zu Hause”) und Mini-Schweinen und bodenbrütenden Vögelchen und Ratten (nicht mini) auf einigen der Channel Islands berichtet er, weil…

Freude unter Palmen

Es ist keine Tellerwäscher-Millionär-Geschichte. Viel besser. Paul Robeson war Footballspieler, Anwalt und Sänger. Der Sohn eines geflüchteten Sklaven setzte sich Zeit seines Lebens für soziale Gerechtigkeit ein – und zwar für jeden. Zum Beispiel sang er das jiddische Lied “Zog mit keynmol” (Lied vom Aufstand im Warschauer Ghetto von Hirsch Glik) bei einem Konzert 1949 in Moskau, um gegen die Verfolgung von Juden in der Sowjetunion zu protestieren. Und den walisischen Bergarbeitern, sang er deren Volkslied “All Through The Night” übers Telefon, als ihm 1957 das Reisen verboten war (McCarthy). Zu seinem Gedenken setzt die…

Kuriositätenkabinett

Nein, mir ist nicht der Goldfisch außer Kontrolle geraten – beim Goldfischglasspiel habe ich doch auf Plüsch gesetzt. Und diese Präsentationsform ist ein kleines bisschen irreführend. Zwar steht der Formaldehyd-Fisch unbestritten im Staten Island Museum. Aber er gehört nur zu einem ganz kleinen Teil in diesem ohnehin kleinen Museum. Hier kann man viel über die Staten Island Ferry lernen, über die Ureinwohner namens Lenape, die Natur, und in der Galerie im oberen Stock gibt es wechselnde Kunstausstellungen. Aber im naturkundlichen Teil steht eben auch eine Vitrine mit Fisch, Fledermaus und Kröte im Glas. Ein Stückchen…