Moment mal: Helden am Broadway

Spiderman ist gestürzt und liegt mit schweren Verletzungen im Krankenhaus. Das ist nicht der Anfang einer Comicgeschichte, sondern das Ende einer Verwertungsgeschichte. Und die geht so: Dass gedruckte Geschichten zu Leinwandgeschichten werden, kennen wir seit langem. Schließlich beruht jeder Kinofilm auf einem Drehbuch. Romanverfilmungen adeln Autoren (oder bringen sie zum Schäumen), und bei Comics denkt man erst recht: Diese ohnehin visuell umgesetzten Geschichten eignen sich fürs Kino – und fordern die FX-Abteilung zu den ausgefeiltesten Spezialeffekten heraus. So wurde “Spiderman” bereits mehrmals ein Kinohit. Seit einiger Zeit reicht das aber noch nicht an Ideenweiterverwertung. Was…

Rekordgekreisel

Die Saison will Zahlen.  Christen zählen bis vier und zünden jeden Sonntag eine weitere Kerze an. Hier brennt auch das erste Licht; aber es werden noch acht, plus das eine, von dem sie das Feuer bekommen: Es ist der Vorabend von Hanukkah (deutsch: Chanukka), dem Lichterfest, mit dem jüdische Familien die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem nach dessen Entweihung feiern. Die dazugehörige Geschichte dreht sich um das Öl-Wunder: Die Lichter der Menorah im Tempel durften nicht erlöschen, es war aber nur noch genug geweihtes Öl für einen Tag da, und es dauerte acht Tage, um…

Club der Stadtteilpoeten

Die Wirkung verblasst einfach nicht. Jedes Mal, wenn ich dieses Portal sehe, empfinde ich Respekt und Freude. In der Brooklyn Public Library habe ich mich schon öfter herumgetrieben. Die Regale drinnen sind genauso merkwürdig lieblos (und auch gerne mal unübersichtlich) zusammengestellt wie in deutschen Universitätsbibliotheken, aber die Eingangshalle wirkt erhaben, das Café an dessen Rand will nicht viel Geld für Tee, die Zeitschriftenauswahl im “Popular Library”-Raum gefällt mir und das Veranstaltungsprogramm kann sich auch sehen lassen. Heute suche ich aber Bücher. Die finde ich sogar relativ schnell (habe ich mich am Ende an die Ordnung…

Retterbretter

Das Bailout Theater gastiert nicht an der Wall Street. Zwar kennt man den Begriff “bailout” vor allem von den Rettungspaketen, die marode Banken bekamen, und was war (und ist) das für ein Theater! Aber die gleichnamige Veranstaltungsreihe hat damit nichts zu tun. In der Judson Memorial Church, die sich ohnehin als als Asyl für die Künste versteht, gibt es an jedem ersten und dritten Mittwoch im Monat Essen und Kultur – gratis. Um halb acht sollte man für das Bailout Theater in der Schlange stehen, sonst wird es knapp. Zum Buffet aus Essensspenden gehören heute…

Dosenpfand

Das ist nicht die Recycling-Tonne. So was steht nicht mitten im schicken World Financial Center herum. Außerdem sind die Dosen voll. Sie sind sozusagen das Eintrittsgeld (aber auf freiwilliger Basis) für “Canstruction”: Damit bauen Bau- und Architekturfirmen im Wettbewerb eine ganz spezielle Art von Türmen. Diese Konstruktion von HLW International zum Beispiel besteht aus 3.350 Dosen, von denen nach der Ausstellung 3.200 New Yorker satt werden. Schließlich arbeitet Canstruction mit City Harvest zusammen, einem New Yorker Programme zur Ernährung armer Menschen, vergleichbar mit der Tafel in Deutschland. Gilsanz Murray Steficek bauen auf Tunfisch – die…

Zum Schießen

Ich hatte das aus der Distanz gedacht. Und da kriegt er mich. Klar habe ich eine Ausstellung auf der Liste, die “How To Do Things With Words” heißt. Das kommt meiner Arbeit schließlich nahe. Ich nutze die Gelegenheit, um dort Wafaa Bilal zuzuhören. Er hält einen Vortrag darüber, wie Künstler zu Kriegszeiten reagieren. Ich denke, jetzt erzählt er etwas über Künstler in fremden Ländern. Aber das tut er nicht. Er präsentiert seine Projekte der letzten Jahre. Als erstes zeigt Wafaa Bilal Fotos und Videos von “Domestic Tension“, das auch als “Shoot An Iraqi” bekannt wurde:…

Angestellte

“Stehen Sie hier an?”, fragt sie. Schräg vor mir ist ein gebeugter Herr ausgeschert und greift sich Broschüren aus einem Wandhalter. Ich stehe eindeutig in der Schlange. Trotzdem bin ich gemeint. “Ja”, sage ich also. Eine Angestellte bellt uns an, wir sollen uns alle an die Wand stellen. Das klingt brutaler, als es ist. Die Wand ist glaube ich aus Marmor. Eben biegt eine Frau, die zu meiner Alterklasse gehören könnte, um die letzte Ecke vor unserem Ziel. Ein Mann, ein bisschen jünger als ich und leger gekleidet, steuert schon auf den Ausgang zu. Ansonsten…