Was hängenbleibt

Ich habe gesagt, ich mach das nicht. Ich schreibe nicht über Leute, die ich privat kenne. Jetzt sitze ich im oberen Stock des Deutschen Hauses an der NYU, schaue auf die Porträts mir gegenüber und lausche den Interviews, die ich auf dem MP3-Player anwähle. Da kommt einer dieser New York-Momente, über die ich hier schreibe: Diese Geschichte mit dem Porzellan, das im Gegensatz zu seiner Besitzerin den Krieg überstanden hat, vergesse ich so schnell nicht. Für seine Ausstellung “Shadow of War” hat Carsten Fleck Zeitzeugen in Berlin und Nürnberg interviewt und fotografiert, die heute zwischen…

Wenn die Muse fehlt

Plötzlich hängen diese Schilder in der Stadt herum. Auf Englisch. Und auf Spanisch. Ein Einhorn ist entlaufen, zuletzt wurde es am Eingang des Central Park an der 72nd Street gesehen. Es ist blau und lieb und weiblich. Einmal abgesehen vom Fabeltier sind solche Plakate hier ganz normal. Da werden Katzen vermisst und Hunde und Kinder und Erwachsene, manchmal brauchen sie dringend Medikamente oder sind nicht bei Verstand. Lustig ist das nicht. Ich will wissen, ob die Sache mit dem Einhorn ein Witz ist. Unter der angegebenen Telefonnummer geht ein Anrufbeantworter dran. Innerhalb von drei Tagen…

Zum Schießen

Ich hatte das aus der Distanz gedacht. Und da kriegt er mich. Klar habe ich eine Ausstellung auf der Liste, die “How To Do Things With Words” heißt. Das kommt meiner Arbeit schließlich nahe. Ich nutze die Gelegenheit, um dort Wafaa Bilal zuzuhören. Er hält einen Vortrag darüber, wie Künstler zu Kriegszeiten reagieren. Ich denke, jetzt erzählt er etwas über Künstler in fremden Ländern. Aber das tut er nicht. Er präsentiert seine Projekte der letzten Jahre. Als erstes zeigt Wafaa Bilal Fotos und Videos von “Domestic Tension“, das auch als “Shoot An Iraqi” bekannt wurde:…

Licht und Schatten

Man kann das nicht fotografieren, nicht ohne Stativ, und schon gar nicht mit meiner kleinen Kamera. Sollte man meinen. Das Problem besteht nicht nur darin, dass man schon die Hand einer Statue bräuchte, um Licht ganz ruhig zu fotografieren – nein, diese Lichter hier bewegen sich. Sie hängen nicht nur in einem Gestänge, sondern sie gehen auch an und aus, und zwar nicht gleichzeitig. Dahinter steckt Jim Campbell. Der spielt gerne mit Kunst und Technik, und für “Scattered Light” programmierte er fast 2.000 LED so, dass es von den Wegen aus so wirkt, als liefen…

Kein Happy End

Ich bin nicht die Einzige mit dieser Angewohnheit. Der Fahrstuhl ist recht voll, als ich in den obersten Stock des Guggenheim Museums fahre, um danach die Spirale hinab zu laufen – und die Ausstellung in umgekehrter Reihenfolge anzuschauen.  Und das habe ich jetzt davon: “Chaos & Classicism” endet mit “The Dark Side of Classicism”, wo unter anderem Ausschnitte aus Leni Riefenstahls “Olympia” gezeigt werden. Ein paar Umdrehungen später schaut mir aus einem Gemälde ein Mann entgegen, er kauert hinter einer Matratze und fummelt an seiner Waffe herum, während zwei weitere Männer hinter ihm Gewehre über…

Moment mal: Kein Ja zur Kunst

Seit der Eröffung des New Museum hängt es an dessen Fassade. Und jetzt kommt es weg. Man könnte das als Zeichen dafür interpretieren, dass die Jasager-Zeiten vorbei sind. Jetzt werden andere Saiten aufgezogen, hat mein Vater immer so gerne gesagt (und dann ist doch nichts Schlimmes passiert). Welches strenge Regiment wird also dem begeisterten Ja folgen, wenn die Installation von Ugo Rondinone abmontiert ist? Eine Rose. Die acht Meter lange “Rose II” von Isa Genzken. Die Künstlerin ist derzeit im Palais de Tokyo in Paris an einer Gruppenausstellungbeteiligt – Titel: “Fresh Hell” .

Gelb oder weiß?

Das ist mal etwas anderes. Eigelb (eggyolk) gehört in gewisser Weise zu den Underdogs, den ungeliebten Minderheiten. Zwar braucht man es für ein anständiges Spiegelei, das hier so schön poetisch “sunny side up” heißt. Aber die meisten Leute, mit denen ich spreche, ziehen beim Eigelb eine Grenze, weil sie sich Sorgen um ihren Cholesterinspiegel machen. Auch wenn sie Maisbrot für eine gesunde Gemüsebeilage halten und fettes Fleisch in sich hineinschaufeln. Irgendwo muss der Feind ja stecken. Deshalb stellt es in New York nur selten ein Problem dar, wenn man etwa ein Omelett ohne Eigelb bestellt,…