Wie triffst du Entscheidungen? Das fragt Ute Blindert auf Business Ladys und ruft zur Blogparade auf. Für Business Ladys schreibe ich auch manchmal, lange Zeit habe ich die Redaktion des Frauenkarrieremagazins geleitet – eine super Entscheidung übrigens. Ist ja wohl klar, dass ich da mitmache und euch bei der Gelegenheit aufschreibe …

Was ich in New York übers Entscheiden gelernt habe.

Amerika ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, sagen sie. Aber New York ist nicht Amerika. New York ist schlimmer. Wer schlecht eine Entscheidung treffen kann, empfindet die Stadt als funkensprühendes Hamsterrad. Denn in New York musst du nicht nur sehr oft „ja“ oder „nein“ sagen, du musst es auch rasend schnell tun.

Chancen verpuffen in New York im Rhythmus deines Atems, Wege gabeln sich alle zwei Minuten, und irgendwer von den achteinhalb Millionen Menschen um dich herum will garantiert etwas von dir. Wenn du dich nicht rührst, entscheiden andere für dich. Jobs, Dates, Trends: Du musst wählen, was du willst. Und das ist toll.

Eine Entscheidung vor mir zu haben kann anstrengend sein, klar. Aber es bedeutet auch: Ich kann (mit-) bestimmen, was in meinem Leben passiert. Und mir die Chance auf einen Volltreffer schaffen.

Mir fällt es meistens leicht, mich zu entscheiden und die Sache dann auch anzupacken. Zum Beispiel einen Koffer und einen Rucksack zu packen, alles andere wegzugeben und nach New York zu ziehen. Aber erst dort hat sich die Art und Weise, wie ich entscheide, so richtig verfeinert.

Und als ich Utes Blogparade sah, dachte ich: Diese Inspiration möchte ich teilen. Ha! Seht ihr? Eine blitzschnelle Entscheidung! Hier nun 3 New York-Lektionen, die auch anderswo funktionieren.

Entscheidung am Times Square

1. Entscheiden geht ganz fix

In New York passiert alles gleichzeitig, und das kann ungeheuren Druck ausüben. Wir nennen es FOMO: Fear of missing out.

Die Angst, etwas zu verpassen, hetzt mich durch Hunderte Optionen für einen einzigen Abend: Opernkartenlotterie, Gallery Hopping, Restaurant-Eröffnung, Nachtflohmarkt, endlich auf ein, zwei Drinks mit den Nachbarn, gleich drei Lesungen von Lieblingsautorinnen am selben Abend, Präsentation von diesen durchgeknallten Köchen, Waschsalon (oder schaff ich das doch noch vor acht?), das Konzert eines befreundeten Musikers, Sample Sale, regionaler TED-Abend, Wine Tasting, Nachtsegeln und drölftausend weitere unverpassbare Dinge. Jeden Tag aufs Neue. Und ehe du dich versiehst, ist es zu spät! Der Horror!

Dieser Zeitdruck hat mich gelehrt, dass Entscheidungen gar nicht viel Zeit brauchen. Ich muss nämlich gar nicht alle Newsletter, Feeds, Online-Magazine und Veranstaltungsanzeigen in Zeitungen durchackern, um später nach Hause zu kommen mit dem Gefühl: Ich hatte einen tollen Abend. Ich brauche mir vor dem Blick auf die große Auswahl bloß vorzunehmen: Mein erstes Ja bedeutet ein Nein gegen alle anderen Optionen. Kein Blick zurück. Fertig. Ein “vielleicht” gilt in diesem rasend schnellen Spiel übrigens nicht, das werte ich als ein Nein.

Diese Art zu entscheiden funktioniert hervorragend mit kleinen Fragen, die Büchsen voller möglicher Antworten öffnen. Was soll ich kochen? Wen treffe ich zum Mittagessen? Welches Hotel soll ich buchen? Und es schaufelt jede Menge Zeit frei. In New York ist das ist Gold wert.

2. Nun mach mal halblang!

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Hermann Hesse beschreibt poetisch, was New York mir beigebracht hat: „Just do it“ ist Käse. Viel zu groß, viel zu viel, viel zu überwältigend. „Just get started“ funktioniert viel besser.

Für mich jedenfalls. So richtig verstanden habe ich das erst in einer Stadt, die sich ständig ändert; das färbt aufs Denken ab. Und eine sehr, sehr kluge Freundin hat mir hier einmal gesagt: Du kannst jeden Tag alles anders machen. Dieses Wissen nutze ich, wenn eine Entscheidung sich als Damoklesschwert verkleidet.

So ein Theater! Ich will doch gar nicht dem Teufel meine Seele verpfänden und eine heiße Wahl für die Ewigkeit treffen! Ich lege mich bloß darauf fest, jetzt für diesen neuen Kunden zu arbeiten oder erst mal mein Geld in jenes Zuhause zu stecken. Das heißt, ich entscheide mich für einen Anfang. Und genauso kann ich mich jederzeit für ein Ende entscheiden. Selbst wenn es um eine Festanstellung oder einen Hauskauf geht.

Wenn bei dem Job später Verantwortung, Zufriedenheit, Umgangston oder Stress in keinem Verhältnis zur Bezahlung stehen, kann ich ja eine neue Wahl treffen. Wann immer ich will. Ich kann mich dazu entschließen, Probleme anzusprechen, Bedingungen zu ändern, mich nach Job-Alternativen umzuschauen. Und wenn ich mich in meinem neuen Zuhause doch nicht wohlfühle, tut das sicher eine andere – und die suche ich dann halt. Das macht mir möglicherweise Arbeit. Und es macht glücklich.

Am „tut sie’s – oder tut sie’s nicht?“-Punkt hilft es, einmal halblang zu machen. Und freundlichen Worten wie „jetzt“, „erst mal“ und „im Moment“ die Tür zu öffnen. Blöd gelaufen ist das nur für die Entscheidung, die sich bis eben als so lebensentscheidend hingestellt und breit gemacht hat, dass du die Tür gar nicht sehen konntest.

3. Merk dir, wie sich eine richtige Entscheidung im Nachhinein anfühlt.

Ich habe ein Gefühl entwickelt für ein gutes Gefühl. Über große Entscheidungen schlafe ich eine Nacht. Und danach überprüfe ich noch mal ganz genau, wie ich mich bei der Vorstellung fühle, dass ich das wirklich so mache. Oder, wenn ich mit Alternativen hadere, wie ich mich nach Weg A oder Weg B fühlen würde (oder vielleicht auch noch C, dann ist aber Schluss mit lustig). Voraussetzung dafür ist, dass ich mir nach Volltreffern die Zeit nehme, um mir zu merken: Aha, so fühlt sich also “goldrichtig” an!

Das Gefühl fürs gute Gefühl nutzt mir als Gradmesser am Ende eines Entscheidungsprozesses. Passt es, verabschiede ich mich von den Zweifeln, die auch in meinem Kopf gerne aus der Grabbelkiste springen, sobald ich eine Wahl treffe. Ihr könnt mich mal. Zur Not habe ich ja Punkt 2.

Piekst es aber noch irgendwo, weiß ich inzwischen aus Erfahrung: Es hat immer gelohnt, da noch mal zu prüfen, wo der Hase im Pfeffer liegt und niest. Aber damit er das laut und deutlich tut, musste ich mir erst einmal angewöhnen, eine ganze Weile nach einer wichtigen Entscheidung, wenn ich schon mittendrin bin in dem, wofür ich mich entschieden habe, mich zu fragen: Wie fühlt sich das jetzt an? Reine Übungssache. Und reine Freude obendrein auch.

Bei der Frage, ob ich nach New York ziehen soll, kam dieser Moment übrigens ungefähr sieben Monate nach dem Tag der Entscheidung. Ich stand am Reservoir im Central Park, blickte über das Wasser und dachte: “Wow. Hier wohne ich jetzt. Und ich möchte nirgendwo anders sein.”

 

Wie trefft ihr denn eure großen und kleinen Entscheidungen? Schaut doch auch mal bei der Blogparade der Business Ladys vorbei, da sind auch die anderen Beiträge verlinkt.