New York ist eine Angeberin. Und beleidigt, wenn sie mal nicht die Erste unter den Städten ist. Zum Beispiel beim Trinkwasser.
Was bei uns aus dem Wasserhahn kommt, ist das Beste, Leckerste, Gesündeste, was ihr eurem Astralkörper und auch euren Backwaren antun könnt! So ungefähr rummelt es empört unter der metropolitgekühlten Oberfläche, falls wer zu fragen wagt, ob man das Leitungswasser in New York gefahrlos trinken kann.
Jetzt erst steige ich dahinter, woher dieser seltsame Stolz aufs New Yorker Trinkwasser stammt. Vor rund 70 Jahren stand die Stadt New York vor einer Infrastrukturgabel: Um den Wasserbedarf zu decken, gab es zwei Möglichkeiten. Nummer 1: Wasser aus dem Hudson aufbereiten. Nummer 2: Wasser aus den rund 200 Kilometer entfernten Catskill Mountains herholen. Ratet mal, welche Lösung sich durchgesetzt hat!
Falsch!
New Yorker Trinkwasser stammt nicht aus dem Hudson River. In eben jenem möchte auch heute noch niemand baden gehen, geschweige denn, eine Handvoll Wasser zum Munde führen. Obwohl der Fluss im Vergleich zu den 1940er Jahren glasklar wirkt. Doch gesund ist das Wasser dort noch lange nicht, einmal ganz davon abgesehen, dass der Hudson zu einem Ästuar gehört – und einen beachtlichen Salzgehalt hat.
Woher das New Yorker Trinkwasser stammt
Billiger wäre es damals wohl gewesen, statt unterirdische Äquadukte zu bauen, einfach das Hudsonwasser zu filtern. So kenne ich das auch aus meiner Heimat: Man denkt lieber nicht darüber nach, was so alles im Wasser herumschwamm, ehe die Wasserwerke damit fertig sind. Aber in New York City kommt tatsächlich ganz natürliches Wasser aus der Leitung.
Auf die teurere Lösung, Wasser aus einem dünnbesiedelten Gebiet zu holen, wo Stauseen das frische Wasser aus vielen kleinen Flüssen auffangen, ist New York bis heute stolz. Unser Trinkwasser wird nicht gefiltert, nur an mehreren Stellen mit UV-Licht behandelt (was Bakterien den Garaus macht) und mit Fluorid (für die Zähne; so verlangt es das Gesetz) und je nach Jahreszeit auch mit Chlor versetzt.
Gerade weil das ein bisschen unheimlich klingt, wird das New Yorker Trinkwasser nicht nur nach der Behandlung, sondern auch an zig Stellen in der Stadt getestet.
Richtig frisches Wasser in der Großstadt! Schon klar, dass das zur Werbekampagne taugt. Darauf baut sogar die hartnäckige, aber längst wiederlegte Sage auf, das Wasser sei das Geheimnis der New Yorker Pizzateigs und der Bagels, die nirgendwoanders schmecken wie in NYC. Blöd nur, dass eben jenes Nass einfach keinen ersten Platz absahnt.
Was schwimmt im Leitungswasser?
Die Environmental Working Group in Washington hat lange Zeit regelmäßig Wasser aus 100 US-Städten getestet und verglichen. Und obwohl New York sich dabei unter den Städten mit einer guten Trinkwasserqualität hält, schafft unser Wasser es einfach nicht auf Platz 1. Da steht Arlington in Texas beim letzten Ranking mit Daten aus dem Jahr 2009.
Nun stellte sich zu allem Überfluss (sic!) heraus, dass im New Yorker Leitungswasser Spuren von sechs verschiedenen Schadstoffen gefunden wurden, die Krebs auslösen können – in einer Menge, die im gesetzlich erlaubten Rahmen liegt, aber teils oberhalb aktueller Gesundheitsempfehlungen.
Diese Information stammt aus einer neuen Datenbank, an der die EWG zwei Jahre lang geschraubt hat: In der National Drinking Water Base kann man nachschauen, welche unerwünschten Stoffe im Trinkwasser sind. Die Website hilft auch dabei, die passenden Wasserfilter zu finden – und drängt Politiker dazu, sich mit der veralteten Umweltgesetzgebung zu befassen.
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