Im Oktober ist an manchen Orten Kartoffelernte, und in New York muss ich beim Nachrichtenlesen an “rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln” denken. Grässlicherweise geht es dabei um Kinder. Aber auch gute Nachrichten schaffen es in die Schlagzeilen – da gibt’s fleißige Bäume, Ökovorbilder und starke Frauen.

Kinder raus aus dem Knast

Am 1. Oktober ist in New York ein Gesetz namens Raise The Age Law in Kraft getreten. Es verbietet die (reguläre) Untersuchungshaft für Menschen unter 18. Das berüchtigte New Yorker Gefängnis Rikers Island hat deshalb an eben jenem Tag alle Jugendlichen von der Insel geholt und in eilig umgebaute Jugendanstalten untergebracht. KritikerInnen befürchteten vorab, dass die einer Straftat verdächtigten Jugendlichen damit vom Regen in die Traufe kämen, weil Gewalt und Missbrauch in den ausgewählten Einrichtungen ebenso präsent sind. In einer der beiden Einrichtungen kam es bereits in der ersten Woche der neuen Regelung zu Ausschreitungen. Die Gewerkschaft der GefängniswärterInnen hat kurz darauf Berichte über verletzte Mitglieder veröffentlicht, Angaben über die Anzahl der verletzten Jugendlichen fehlen.
(Video und Bericht über verletzte GefängniswärterInnen im Jugendvollzug bei NBC, ausführlichen Bericht über Gewalt und Missbrauch in mehreren New Yorker Jugendeinrichtungen nachlesen bei City Limits)

Kinder rein in den Knast

Erinnert sich noch wer an den Aufschrei, als der Präsident verfügte, dass asylsuchende Familien an der US-Grenze getrennt und die Kinder allein in Lager gesteckt werden sollten? Das Drama geht immer noch weiter. In New York – ebenso wie in anderen Städten und Bundesstaaten – wurden Ende September viele Kinder, die auf Jugendeinrichtungen verteilt worden waren, mitten in der Nacht aufgeweckt und nach Tornillo gebracht. In der texanischen Wüste an der Grenze zu Mexiko müssen sie nun in einer Zeltstadt hausen, in der sie weder den vorgeschriebenen Schulunterricht bekommen noch Zugang zu Rechtsbeistand haben für ihre anstehenden Asyl-Fälle, ihren Anspruch auf Wiedervereinigung mit den Eltern oder Unterbringung bei in den USA lebenden Verwandten. Das Kinderlager war im Juni als befristete Übergangslösung mit 1200 Betten eröffnet worden. Nun sind mindestens 1600 Kinder hinzugekommen. In Tornillo ist es derzeit tagsüber 32 Grad heiß, ab November ist dort nachts mit Frost zu rechnen.
(Nachlesen bei der New York Daily News)

Autos statt Aussicht? Autobahnumleitung á la Brooklyn

Jetzt wird es ernst mit den Problemen der Stadtautobahn Brooklyn Queens Expressway (BQE): Ein Teil der Strecke sieht zwar spektakulär aus, weil die Fahrbahnen ohne Stelzen am Ufer des East River zu schweben scheinen, aber dort bröckelt es gefährlich vor sich hin. Die zuständigen Behörden haben 2026 als Frist gesetzt, nach der LKW dort nicht mehr drüberfahren dürfen. Nun steht die Frage im Raum: Wohin mit den rund 153.000 Autos (inkl. LKW) am Tag, wenn die Strecke repariert wird?

Vor der ersten öffentlichen Debatte veröffentlichte die New Yorker Verkehrsbehörde schon mal eine Idee: Man könnte ja die Spaziergängerpromenade im wohlhabenden Brooklyn Heights mit Blick auf die Skyline von Manhattan samt ihrer Bäume entfernen und sie mit sechs Autobahnspuren ersetzen – für mindestens sechs Jahre. Das brachte der Veranstaltung ein mehr als volles Haus ein, und es hagelte Fragen und Kritik. Zum Beispiel, wer denn garantieren würde, dass am Ende noch Geld da sei, um die Promenade wiederherzustellen – und warum die Autobahn nicht am Ufer (und Brooklyn Bridge Park) entlang geführt werde.
(Bericht von der BürgerInnendebatte beim Brooklyn Paper nachlesen, Umleitungspläne bei Pix 11 News anschauen/nachlesen)

Großes Vorbild Copenhagen

Wenn in New York die Rede von Schutz vor Wassermassen war, drehten sich die aufsehenerregenden Ideen bislang meist ums Meer. Gigantische Tore, die sich vor Sturmfluten schließen sollen oder renaturierte Ufer mit wellenbremsendem Marschland zum Beispiel. So wie in Holland, nur mal so zum Beispiel. Jetzt lenkt die New York Times die Aufmerksamkeit aber auf eine Partnerschaft zwischen New York und Copenhagen: Die dänische Hauptstadt hat zwar nicht mal zehn Prozent der EinwohnerInnen New Yorks, aber ein zigmal besseres System, um Wasser aufzufangen – das Wasser, das von oben kommt. Regenwasser ist auch in New York ein großes Problem, weil das Abwassersystem bei jedem längeren oder stärkeren Regen schnell überfordert ist – und die Enge der Stadt eine Ausweitung kaum hergibt. Von Copenhagen lernen New Yorker Stadt- und UmweltplanerInnen nun, wie sich Regenwasser clever auffangen oder gar wie von einem Schwamm aufsaugen lässt, etwa mit bioswales und rain gardens.
(Nachlesen in der New York Times)

If I Can Make It There: Der fleißigste Baum im Park

An seltsamen Wettbewerben und challenges mangelt es ja nun nicht in den Schlagzeilen. Diese sticht dennoch heraus: Soeben wurde der am schwersten arbeitende Baum des Prospect Parks gekürt. Der riesige Park in Brooklyn ist das Pendant zum Central Park in Manhattan und von denselben Architekten ersonnen. Rund 30.000 Bäume stehen dort, und ein gutes Drittel – 12.268, um genau zu sein – hat das Forst- und Umweltberatungsunternehmen Davey Resource Group vermessen: Stammdurchmesser, Breite der Laubkrone und Wurzelfläche bilden die Grundlage für Berechnungen für ihre Leistung – und den in harten Dollar messbaren Wert für Umwelt und Gesundheit. Tut man nun so, als konkurrierten die Bäume darum, wieviel Umweltgifte sie aus der Luft filtern, wieviel Regenwasser sie aufsaugen und was sie im Sommer zur Abkühlung der Gegend beitragen, dann ist der Gewinner eine Weißulme (Ulmus americana), die umgerechnet 466 Dollar an Gesundheitsbonus einbringt. Auf dem zweiten Platz landet eine weitere Ulme, danach folgen eine Amerikanische Weißeiche und eine Weideneiche.

Insgesamt “erarbeiten” die Bäume des Prospect Parks dem Bericht zufolge 1,5 Millionen Dollar an Umweltnutzen, die sich wie folgt aufteilen: Sie wirken als Luftschadstofffilter (knapp 11 Tonnen) im Wert von 125.000 Dollar, senken die Treibhausgasbelastung der Atmosphäre (gut 27.000 Tonnen) im Gegenwert von 17.000 Dollar und ersparen dem New Yorker Abwassersystem 172.000 Dollar an aufgenommenem Regen (fast 80 Millionen Liter). Der größte Batzen geht in die Abteilung Energiesparen: Temperaturen in nahegelegenen Häusern und Wohnungen regulieren sich durch die Bäume so sehr, dass sie rund 1000 Megawatt Energie sparen – 700.000 Dollar im Jahr.
(Nachlesen beim Brooklyn Paper; Karte mit allen vermessenen Bäumen bei der Prospect Park Alliance)

Weiblich wie die Feuerwehr

Die letzten Wochen waren für Frauen in den USA traumatisch. Da geht beinahe unter, dass es ab und an auch mal vorwärts geht in unserer Gesellschaft, in der die Rückwärtsgewandten so laut sind. Und auch wenn es eigentlich peinlich sein müsste, dass das folgende erste Mal erst im Jahr 2018 passiert (50 Jahre nach den berühmten 68ern!): Die New Yorker Feuerwehr schickt das erste komplett mit Feuerwehrfrauen besetzte Feuerwehrauto durch die Straßen. Aber das ist nicht alles: Ihr Einsatz fand während der Uno-Generalversammlungs-Woche statt, und ratet mal, wo genau? Im Umfeld des Besuchs des US-Präsidenten.
(Bilder anschauen und nachlesen bei AM New York)