Die kleinste von ihnen hat ganz viele Zöpfe, die wie kohlengestäubte Wattebäusche an ihrem Kopf kleben. Sie versucht umständlich, einen Tritthocker zurechtzuschieben und sich draufzusetzen. Eine ihrer Bewegungen sehe ich aus dem Augenwinkel, ich schaue auf, und schon finde ich mich in einem Peekaboo-Spielchen wieder (ich glaube, auf Deutsch heißt das “Kuckuck”).

“Sie versucht immer, mit den Leuten zu spielen, weil sie Geld haben will”, sagt das größere Mädchen. Sie sind zu viert, die Kleine steht immer noch unter dem Tisch und sucht meinen Blick, die anderen stehen auf einmal alle vor mir. Aus meiner Ecke komme ich nicht mehr weg. Aber selbst im Sitzen bin ich größer als die alle. “Sie mag so gerne Beef Sticks. Kennst du Beef Sticks?”, fragt einer der beiden Jungen.

“Nein”, sage ich, und meine Strategie leuchtet vor mir auf. “Ich bin Vegetarierin.” Die Kinder gucken. Ahnen wohl, dass ich ihnen kein Geld für Beef Sticks geben werde.

“Wisst ihr, was das ist?”

Gleichzeitig sagen die beiden Jungs nein, während das Mädchen etwas sagt, das ich nicht verstehe. Entweder “You’re on a diet” oder “You’re gonna die”. Na vielen Dank auch an die Zahnlücke.

“I do not eat meat or fish”, sage ich. Die Jungen schauen mich mit großen Augen an, die Kleine spielt mit dem Hocker, behält mich aber im Auge, und das Mädchen fragt:

“Und Makkaroni, isst du die?”

Kaum dass ich bejaht habe, fällt mir auf, dass sie vielleicht auch “peperoni” gesagt haben könnte. So heißt hier die Salami. Es ist wohl an der Zeit, dass ich das Gespräch übernehme.

“Seid ihr alle Geschwister?”, frage ich also.

Die Kinder nicken. Einer der Jungs zeigt auf den anderen und sagt mit heiligem Ernst, sie seien Zwillinge (“Sieht man”, sage ich, sie haben ja sogar die gleichen Jacken an), und erklärt das Mädchen auf meine Frage zur Ältesten. Aber er sei zuerst geboren. Ein komplettes Psychologiestudium droht über zugewachsene Datenautobahnen in meinem Hirn zu schreddern (“… in einem bestimmten Alter können Kinder noch nicht verstehen, dass vor ihnen überhaupt irgendjemand existiert hat …”), aber ich gebiete ihm Einhalt mit dem Gedanken, dass der Kleine vielleicht der erste der Zwillinge ist. Diese Denkpause nutzen die neugierigen Kinder natürlich sofort aus.

“Schläfst du hier?”, fragt der Junge, und jetzt gucke ich mal mit großen Augen, als das Mädchen schon ruft: “Nein, die schläft zu Hause!”

Der Junge überlegt einen Moment. “Wohnst du in der Bronx?”

Da kommt die Mutter und scheucht die Kinder vor sich her nach draußen. Ich schaue wieder in mein Buch. In zehn Minuten ist meine Wäsche auch fertig. Aber wenn man im Waschsalon einen Stuhl findet und sich setzt und liest, kann man in den Augen der Kinder auch dort wohnen und bald sterben (oder auf Diät sein). Zumindest, wenn man nicht mal Geld für Beef Sticks hat.