Der Stau zieht sich den Hügel hinauf. Auf der 84th Street in Brooklyn, ungefähr zwischen 13th und 10th Avenue, geht es ab und zu ein paar Meter voran. Manchmal hupt einer, weil der Vordermann nicht gesehen hat, dass es eine Fahrzeuglänge weitergegangen ist. Die Fahrer und Passagiere sind mit Gaffen beschäftigt, immer wieder blitzen auch Kameras durch die Scheiben. Auch zu Fuß sind Schaulustige gekommen. Es hat keinen Unfall gegeben; das ist alles mit voller Absicht passiert.

In Dyker Heights, weit draußen in Brooklyn, sieht man an vielen Stellen die Lichter der Verrazano Narrows Bridge, die Brooklyn mit Staten Island verbindet. Zur Weihnachtszeit kommen so viele Lichter hinzu, dass inzwischen ganze Busladungen an Besuchern kommen (und Autofahrer zur Fotosafari blasen).

Es begann irgendwann in den 80ern, und in New York läuft es wie anderswo auch: Wenn erst mal einer anfängt, seinen Vorgarten schick zu machen, fühlen sich so einige Nachbarn dazu herausgefordert, es mindestens ebensogut zu machen (nur dass es in New York nicht so viele Nachbarschaften mit Vorgärten gibt). Hier gehört auch eine rührende Legende dazu: Alfred Polizzotto besiegte den Krebs und feierte den Erfolg mit knapp neun Meter hohen Holzsoldaten vor dem Haus – und die Tradition wird auch nach seinem Tod bewahrt.

Dekoration gehört in diesem italienisch geprägten Viertel nicht nur zur Weihnachtszeit. So manche beeindruckende Villa prunkt mit Skulpturen, Madonnennischen und Brunnen. Solche Vorgartenzierden sind dann im Winter schon mal im Weg.

Vor dem Haus von Lucy Sparta hat sich eine Menschenmenge gesammelt, die tatsächlich eben aus einem Bus gestiegen ist. Sparta wohnt gegenüber vom Polizzotto-Haus, und es heißt, anfangs sei sie pikiert gewesen, als Polizzotto einen Riesenweihnachtsmann einbaute, weil das zuvor immer ihr Ding war. Aber erstens hat sie auch drinnen das ganze Haus dekoriert. Und zweitens steht draußen eine ganze Zauberwelt voller Figuren. Wegen der vielen Details und der vielen Menschen trete ich nur einen Schritt schräg nach vorn, als hinter mir jemand sagt: “Excuse me”. Als er das noch mal sagt, drehe ich mich um. “Ich versuche doch nur, ins Haus zu kommen”, sagt er, und deutet mit müdem Lächeln auf die Absperrung, an die ich herangetreten bin, weil ich dachte, er will hinter mir durch die Menge. Für einen Moment hatte ich vergessen, dass es hier nicht nur Schaulustige, sondern auch Anwohner gibt.