Wir feiern bald Weihnachten, und Geburtstage sind auch bald wieder dran, denken wir fröhlich. Bis plötzlich ein Gedanke hereinschneit: Geschenke. Verwunschene Wunschzettel. Hirnleere. Beschaffungsnot. Aufraffschwierigkeiten. Lieferengpässe. Ideenlosigkeit. Leute, die schon alles zu haben scheinen. Torschlusspanik. Kennt ihr? Dann stellt euch jetzt mal vor, ihr wolltet einen 85-jährigen Millionär beschenken.
Vor diesem Problem stand Charlene Nederlander. Wo wir grad von Leuten reden, die schon alles haben: Ihr Gatte besaß allein in New York neun Theater, seinen größten Rivalen am Broadway hatte er zum Freund gewonnen, selbst einen Stern vom Himmel holen konnte Charlene nicht mehr für den Kerl, der war bereits seit mehr als 20 Jahren auf dem Hollywood Walk of Fame festgetackert.
Als Sohn eines Theaterbetreibers aus Detroit hatte James M. Nederlander bald dem College den Rücken gekehrt. Der Legende nach arbeitet er erst mal im Kartenhäuschen und dann in allerlei Jobs am Theater und bekam seine Chance, als er sich für Papas Firma in New York nach guten neuen Shows umschauen sollte. Stattdessen kehrte er mit einem Kaufvertrag für ein Theater zurück. Was der alte Nederlander dazu sagte, ist nicht überliefert. Was man in New York davon hielt, allerdings schon.
Die Platzhirsche am Broadway, die Shubert Organization, war pikiert. So ein dahergelaufener Tünnes aus … wo ist noch gleich dieses Michigan? Die Shuberts dagegen hatten dafür gesorgt, dass der Broadway zum Zentrum der amerikanischen Theaterwelt wurde; ihre Firma befand sich Mitte der 70er Jahre zwar nicht mehr in Familienbesitz, hatte aber immer noch Monopolcharakter. Auch der Rest des New Yorker Showbiz war skeptisch: Mit diesem Theater könne Nederlander keinen Erfolg haben.
Aber James M. Nederlander war ein Entdecker. Er folgte seinem Instinkt zum Musical „Annie“, produzierte es im Jahr 1977 und begleitete es auf dem Weg zum Welthit. Mit Kassenschlagern schlug er sich bald eine Schneise zum Broadway, die ihn schnurstracks zu Theaterzukäufen und in ein jahrelanges Wettrennen mit der Shubert Organization um die erfolgreichsten Produktionen führte. Denen ballerte die Nederlander Organization Stücke wie „La Cage aux Folles“ (Ein Käfig voller Narren), „Sweet Charity“, „West Side Story“ und „Legally Blonde“ (Natürlich Blond) vor den Latz.
Der Broadway-Mogul hatte seine eigene Methode, angesichts seiner Erfolge ein Stück Demut zu bewahren. Poster seiner größten Flops landeten mitnichten im Papierkorb; er hängte sie an einem Ort auf, an dem er mehrmals am Tag an sie erinnert würde: auf dem Klo.
Da hing also auch schon alles voll. Doof, wenn man was Originelles schenken will. Charlene Nederlander spitzte die Ohren, als ein Freund ihr riet, dem Angetrauten doch eine Bank im Central Park zu widmen. So was hatte der tatsächlich noch nicht, es kostet allerdings ein paar Tausend Dollar. Die kluge Frau Nederlander nahm es nicht aus der Portokasse, sondern griff in die eigene Schatulle – und fragte Freunde und Bekannte, ob sie sich beteiligen möchten. Blieb nur noch eins:
Was schreibt man auf das Schild, das die Parkverwaltung dann auf die Bank schraubt?
Die Pfade im Park säumen viele Bänke mit der Inschrift “In loving memory of …”, und das bedeutet: die Geehrten sind schon tot. Nun bloß keinen faux pas begehen! Doch so was würde Charlene Nederlander nicht passieren: James sollte selbst die passenden Worte suchen, fand sie. Na das konnte ja eine spannende Seniorengeburtstagsfeier werden! Hier seht ihr, was der Jubilar sich gewünscht hat:
Nach all seinen Erfolgen wollte James M. Nederlander seine Bank im Central Park daran erinnern lassen, dass er quasi mit Nichts nach New York gekommen war. So ist das mit Familienlegenden; das Theater, das Nederlander kaufte, kostete nicht nichts, sondern 1,6 Millionen Dollar (im Jahr 1965, wohlgemerkt). Na, den Unkenrufen hat er aber tatsächlich gehörig getrotzt. Kaum jemand hatte geglaubt, dass er es in New York schaffen könnte. Da konnten jetzt die Glückwünsche also kommen. Allerdings gab es zum Geburtstag noch ein kleines Rätsel zu lösen: Freunde und Bekannte hatten viel zu viel Geld in den Topf für die Parkbank geworfen … was nun?
Was ein rechter Impresario ist, der hat natürlich sofort eine Lösung: Seine liebe Charlene sollte auch eine Bank bekommen, gleich neben seiner, verkündete Nederlander. Und sie sollte auch selbst sagen, was darauf zu lesen sein würde. Touché! Was sie sich ausgedacht hat, könnt ihr selber lesen:
Charlene Nederlander fand, sie hätte diesen Ausruf ebenso verdient wie ihr Mann – nach 46 Jahren an seiner Seite stünde ihr das zu
Jürgen F.H. Lideck, B.A.
Dezember 23
Danke, Petrina, für die vielen Geschichten und Berichte aus NYC!
Frohe Weihnachten, einen angenehmen Jahreswechsel und weiter so in 2019!
Jürgen, fellow student, aus Essen
Petrina Engelke
Dezember 23
Vielen Dank, lieber Jürgen!
Ich freue mich, dass du meine Geschichten magst und immer wieder im Blog und auf den sozialen Netzwerken vorbeischaust. Dir wünsche ich ebenfalls entspannte Feiertage und ein tolles neues Jahr.
Liebe Grüße
Petrina