Rund, eckig, gezackt

Ich bin in Versuchung, eins von den roten, gezackten Dingern zu kaufen und auszuprobieren, was man damit machen kann. Aber dann fällt mir auf, dass sie immer beim Obst liegen. Und ich dachte eher an Gemüseexperimente. Chinatown lädt zu so etwas ein, weil auf den Preisschildern zwar steht, wie das heißt, was da liegt. Aber eben nur in chinesischen Schriftzeichen, keine Chance, später nach Rezepten zu suchen, die ich eventuell verstehe. Aber jetzt werde ich abgelenkt. Von Zeichen, die ich sehr wohl verstehe. Das mag auf den ersten Blick überhaupt nicht nach Chinatown passen. Von…

Aufschwung

Fett oder fit. So könnte man New Yorker grob (ganz, ganz grob) einteilen. Viele gehen laufen. Dafür gibt es schöne Strecken, am Wasser entlang oder durch den Wald. Aber oft genug sehe ich, wie stoisch man auch durch die Straßen traben kann – oder auf einer Brücke. Tiefe Atemzüge vom vierspurigem Stau sparen vielleicht die Zigarette danach. Mindestens ebenso viele gehen in den Gym, also in den Fitnessclub oder, wenn sie entsprechend schick wohnen, in den hauseigenen Gymnastikraum. Der letzte Schrei ist eine Variante des Spinning (rasend schnell radeln, ohne voranzukommen) kombiniert mit Therabändern, an…

Am anderen Ende der Welt

Hier kann ich sehr günstig einmal um die Welt reisen. Ich mache mich auf den Weg nach Europa, und kurz hinter Afrika biege ich ab. Aber dazu gleich. “Unisphere” ist ein Friedenssymbol, das zur Weltausstellung 1964 nach New York kam, genauer gesagt: nach Queens. “Peace Through Understanding” steht auf der Tafel im Flushing Meadows Park. Der Völkerverständigungsglobus ist so groß, dass man ihn von diversen Straßen unvermittelt sieht, zuweilen sogar vom Flugzeug aus (je nach Wind; im Anflug auf La Guardia, selten auch auf den JFK-Flughafen). 42 Meter hoch, 350 Tonnen schwer: Alle Kontinente sind…

Hufe oder Rollen

Es ist gerade fünf durch, das National Museum of the American Indian hat geschlossen, und ich sitze hier unten auf der Bank. “I’ll take you somewhere you can sit”, hat der Wächter gesagt und mich mit einem Nicken durch eine Tür geschoben. Seine Kollegen haben geguckt und gefragt, was ich angestellt habe. Ich habe mich mit eben jenem Wächter verabredet. Er ist einer dieser New Yorker, über die ich Geschichten schreibe. Seine beginnt in einer Familie mit elf Kindern in einer Railroad-Unterkunft in Brooklyn. Aber die habe ich in diesem Moment ja noch nicht geschrieben….

Barbäuchig im Park

Diese Leute rennen nicht vor den Park Rangers davon. Sie können nicht anders. Sie müssen halbnackt antreten: Bevor der New York City Triathlon beginnt, laufen eine Menge Leute den Jamaica Underwear Run. Der heißt so, weil man da erstens eben nicht in High-Tech-Sportsachen antrabt, sondern in Unterwäsche. Damit hat die Veranstaltung bereits letztes Jahr den Weltrekord geholt für die größte Ansammlung von Menschen in Unterwäsche.  Und zweitens, weil der Spaß vom jamaikanischen Tourismusbüro veranstaltet wird – das Sonderpreise für den schönsten Jamaica-Aufzug vergibt. Schon klar, dass der notorische Naked Cowboy sich bei der Gelegenheit in…

Frauenfußball

Eine hat deutsche Vorfahren. Eine andere hat mal in Deutschland studiert. Wieder eine andere findet Philipp Lahm umwerfend (und kriegt sich nicht mehr ein, als ich ihr übersetze, was sein Name bedeutet). Eine hat Freunde in Deutschland. Eine hat immer gut zugehört, wenn Papa und Bruder über Fußball gesprochen haben, und ist überzeugt vom strategischen Denken der Deutschen. Die Leute hier haben die absonderlichsten Gründe, zu Deutschland zu halten. Eine andere Frau hat einen Sohn in Spanien (und spricht mit Akzent). All diese Frauen machen Lärm. Die Spanien-Stimme ruft “go, go, go” und “right there”,…

Fußballfans mit Hintergedanken

Ken war mir am Freitag schon aufgefallen. Er trägt ein Trikot der US-Mannschaft, steht am Tresen und feuert in amerikanischer Lautstärke die deutsche Mannschaft an. Nach dem Tor nutze ich die Gelegenheit, schnell aufs Klo zu verschwinden. Als ich auf dem Rückweg an Ken vorbeikomme, ruft er mir hinterher: “Ey, are you German?” Erwischt. Ich hatte mich mit zwei Touristen in meiner Muttersprache unterhalten. Ich sage Ken, dass ich mich beim letzten Mal schon gewundert habe und jetzt gerne wissen möchte: Warum hält er immer so vehement zu den Deutschen? “Weil wir nicht gegen euch…