Hafengeschichte essen auf Pier A

Der Sonnenuntergang über dem New Yorker Hafen spiegelt sich in diesen schick restaurierten Fenstern. Gleich hinter mir schwappen Wellen unter die hohe Brüstung. Das könnte einfach eine Terrasse sein. Es ist aber ein Steg, und einer mit einer langen Geschichte noch dazu.

Pier A, oder auch City Pier A, ist der letzte Pier in Manhattan, der ungefähr so aussieht wie zu seiner Bauzeit. 1886 hatten die Bauarbeiter an dieser Stelle ein dreistöckiges Gebäude fertig, das sich dort aus dem Wasser erhob, wo die Südspitze Manhattans ihren Fels in das Wasser von Hafen und Hudson taucht. Damals hatte dort die New Yorker Hafenpolizei ihr Hauptquartier.

Wenige Jahre später wurde bereits angebaut, und 1919 kam die Uhr hinzu, die angeblich von einem Schiff stammt. Und der Clock Tower sollte an US-Soldaten erinnern, die im I. Weltkrieg gefallen sind. Man munkelt, es war das erste Denkmal dieser Art in den USA. Von hier aus stiegen eine Zeitlang auch europäische Botschafter ins Boot, wenn diese aus beruflichen Gründen mal wieder zur Einwanderungsbehörde nach Ellis Island übersetzen mussten.

Doch wie das so ist mit den Gebäuden in New York: Kaum eines bleibt, was es mal war. Auch der Hafen verändert sich ja. In den 1960er Jahren zog in das Haus auf dem Steg die Wasserfeuerwehr ein; 1992 war auch diese Ära zu Ende, und Pier und Gebäude rotteten fortan vor sich hin. Die Feuerwehr schaut aber auch heute noch hier vorbei.

Es gab alle möglichen Pläne für diesen Pier, durchgesetzt hat sich am Ende die Idee, ein Restaurant draus zu machen. Das hat diese Woche eröffnet. Eigentlich sollte das schon viel eher passieren, aber Hurricane Sandy hat die Sanierungs- und Bauarbeiten arg nach hinten geworfen.

Nun eröffnet der neue Pier A eben nicht zum Beginn der Sommersaison, sondern in einer verdammt kalten Woche. Trotzdem sitzen drinnen schon so einige Leute bei einem Drink oder einer dampfenden Speise. Noch sind der geplante Coffeeshop und das Visitor Center nicht eröffnet, die erste Küche des Hauses brutzelt aber schon allerlei Gerichte. Genug Publikum wird das Restaurant mit Sicherheit finden.

Gleich nebenan ist die Anlegestelle der Touristenboote, die zur Freiheitsstatue und nach Ellis Island übersetzen. Eine entsprechende Aussicht gibt es auch, und schon steht neben mir auf dem Pier eine junge Frau, reckt den rechten Arm und schaut über die Schulter nach hinten, ob sie es auch richtig macht. Lady Liberty stört das nicht weiter.