Spaziergang durch New Yorks Geschichte

John Huston Finley, so schreiben die Gelehrten, ging oft spazieren. Deshalb ist ein schönes Stück Spazierstrecke nach dem Mann benannt, der am Ende seines Lebens Chefredakteur der New York Times war: Der John Finley Walk führt von der 63rd bis zur 125th Street die East River Esplanade entlang, direkt am Wasser, aber viel höher und mit Gitter, so zur Sicherheit. Diesen Hinweis darauf, in wessen Fußstapfen wir hier wandeln, finde ich im südlichen Teil des Spazierwegs, neben dem Carl Schurz Park. Der wiederum steht für die guten alten Zeiten von Yorkville: Das Viertel auf der…

Was der East River verbirgt

Die Möwen sitzen da nicht zufällig herum. Die wissen, was CSO ist: Combined Sewage Overflow. Ich weiß das jetzt auch. Wenn die New Yorker Abwasser-Einrichtungen so sehr mit Dreck überschwemmt werden, dass sie das Wasser nicht mehr ordentlich aufbereiten können, dann öffnen sich an bestimmten Orten an den diversen Ufern die Schleusen an verstecken Rohren, und das Abwasser geht ungefiltert in die Gewässer. Das soll heutzutage für den sich regenerierenden Fluss um Manhattan herum (den New Yorker wie zwei Flüsse behandeln) die Umweltverschmutzungsquelle Nummer Eins sein. Das merkt man gar nicht, wenn man an dieser…

Wenn Bruce das sieht!

Unter Leuten, die ein paar tausend Dollar berappen können, ist es recht verbreitet, zu besonderen Anlässen eine Bank zu verschenken. Deshalb ähneln sich viele Inschriften der Banken im Central Park. Aber diese hier macht mich stutzig. Heute ist der 3. Dezember 2011. Ich gehe noch einmal zurück und schaue konzentriert auf das Datum: Hier ist eben nicht nur der Sekt schon kaltgestellt, sondern auch das Schild schon graviert. Lassen sich die Verwandten jetzt alle möglichen Tricks einfallen, damit Bruce bloß noch nicht an dieser Bank vorbeischlendert? So langsam glaube ich, bei all ihrem Aberglauben (ich…

Übergang

Dieses eine Mal noch: Herbst! Aus unerfindlichen Gründen gönnt New York uns dieses Jahr so etwas wie Herbst. Statt dieser paar Stunden zwischen Sommer und Winter. Aber lange kann das nicht mehr dauern. Das Rot von gegenüber ist längst weg, was sich noch an den Ast klammert, ist braun und trocken. Aber dann biege ich um die Ecke und sehe Gelb. Auch in Manhattan findet man klare Anzeichen für die Jahreszeit. Und für Starrsinnigkeit. Manch zartes Pflänzchen gibt sich noch rasch der Fortpflanzung hin, bevor der Frost kommt. Andere sind größer und prahlen mit Farbe,…

Weihnachtsschiffe

Ich weiß nicht, ob es eine Definition für Paraden gibt. Aber vermutlich ist das schon irgendwie geregelt. Der Herr neben mir ist jedenfalls der Ansicht, zu einer Parade gehörten mindestens 30. Und er zählt dabei gewiss nicht Köpfe. Hier ist er jetzt doch höchst unzufrieden. Dass diese Parade keine Wagen hat, stört ihn nicht weiter, im Gegenteil. Schließlich ist das eine Hafenparade. Am ersten Samstag nach Thanksgiving schippern die Gefährte des New Yorker Hafens in weihnachtlicher Beleuchtung unter der Brooklyn Bridge durch. Sie werden sogar von einem alten Segelschiff angeführt. Aber 30 kommen sie nicht…

Goldfalle

Huch, beinahe hätte ich den Indian Summer verpasst! Schnee ist schon wieder Schnee von vorgestern, heute wärmt die Sonne sogar ein bisschen, draußen sind es locker 20 Grad (jawohl: Celsius). Und die Bäume sind gerade in dieser Phase, wo sie der Sonne nacheifern. Nur dass die nicht gleich alles fallen lässt. Vergänglichkeit ist so schwer zu verstehen. Abschied tut weh, und all die Dinge, die man zum Trost gesagt bekommt, können das auch nicht ändern. Nur hier hat das Aus und Vorbei für einen Augenblick eine solche Schönheit, dass der Schmerz für einen Herzschlag aussetzt….

Marathon oder Straßensperre?

Ungefähr 50.000 Menschen laufen heute durch New York. Später werden drei von ihnen die Rekordzeit brechen, die zehn Jahre lang eisern stand. Aber nicht nur die Läufer beim New York Marathon haben einen anstrengenden Tag. Auch das Publikum gibt alles: meilenweite Unterstützung. Nicht nur an den beliebten Zuschauerpunkten geht es hoch her. Gruppen kommen und gehen, fahren mit der U-Bahn zu einem anderen Punkt, nachdem ihre Freunde, Kollegen, Verwandte vorbeigelaufen sind. Ein Grüppchen, das ich aufgrund der auffallenden Ähnlichkeiten zu Papa, Onkel und zwei Söhnen mache, wartet an einem späten Punkt auf eine Frau. Die…