Hey, Man!

Als er angekündigt wird, sitzt er da wie ein Elvisimitator, der die Aufmerksamkeit ebenso gewohnt ist wie einfordert. Aber Reverend Billy ist weder Schmierenkomödiant noch Fernsehpastor, und heute soll er gar nicht predigen, sondern lesen.  Im Buch “The Reverend Billy Project” erzählen William Talen und seine Gattin Savitri Durkee, wie sie Straßentheater, Performancekunst und Aktivismus verbinden zu dem, was heute Reverend Billy and The Church of Earthalujah heißt (früher: The Church of Stop Shopping). Hinterher lassen sie aber doch noch ihren Gospelchor singen. Vorher hat Savitri die Buchpassage vom Besuch in Barcelona gelesen, wo sie…

Spezialinstrument

Straßenmusiker werden in New York tiefergelegt – viele spielen auf den Bahnsteigen oder in den Gängen zwischen den U-Bahn-Stationen, und so einige gewinnen einen guten Platz bei der alljährlichen Audition. So habe ich in den U-Bahn-Stationen schon alle möglichen Instrumente gesehen. Aber dieser Mann hier und heute erscheint mir einzigartig. Wie würde man seine Erfindung wohl nennen?

Konflikt-Komödie

Das will ich haben, bloß weil ich weiß, dass du es haben willst – und deshalb schnapp ich’s mir. Mit dieser Denkweise haben Kriege angefangen. In “Saida” bringt diese Logik zwei Geheimdienstchefs (einer aus Palästina, einer aus Israel) dazu, alles Mögliche anzustellen, um die Hand einer schönen Tunesierin zu bekommen. Ein satirisches Zeichen dafür, dass New Yorker sich nicht immer nur um sich selbst drehen. “Saida” von Tuvia Tenenbom, Jewish Theater of New York, bis 26.06. im Kraine Theater.

Friedenspanzer

Wie gestern schon angekündigt: Das hier ist total von gestern. Da war Memorial Day. Der offizielle Start des Sommers, und der offizielle Tote-Soldaten-Gedenktag, an dem es diverse traditionelle Aktivitäten gibt, aber das kann man auch anderswo bequem nachlesen. Ich lenke den Blick lieber auf bunte Bänder. Die hängen nicht nur heute am Zaun rund um die Marble Collegiate Church. Die Gemeinde setzt sich mit den Kriegen auseinander, an denen die USA beteiligt sind. Seit dem dritten Jahrestag des Kriegsbeginns im Irak beten die hiesigen Kirchgänger jede Woche für die Menschen, die von diesem Krieg (und…

Fette Tradition

Die Konkurrenz ist hart. Pizzabuden streiten schon im Namen darum, wer das Original hat (und natürlich damit auch gleich die beste Pizza), Vergleiche sind erlaubt und damit auch präsent (da wirbt schon mal eine Fastfood-Bude damit, dass ihr Junkfood weniger Kalorien hat als das der anderen). Überhaupt führt Restaurantwerbung in New York oft die unterschwellige Botschaft mit sich: Wir hier sind besser als die da drüben. Bei Eisenberg’s bellt die New Yorker Ruppigkeit aber nicht nur die Konkurrenz an. Hier bekommen auch potenzielle Gäste ihr Fett weg. Und was gibt es da? Nun, die Slogans…

Auf Pump

Immense Situationen versteht man ja oft am besten anhand der ganz kleinen Dinge. So geht mir das jetzt auch. Klar ist mir bekannt, wie das mit der Wirtschaftskrise vonstatten ging. Immobilienkredite an Leute, die sich gar kein Haus leisten können und so fort. Aber zumindest meiner Perspektive gibt es dieses gewisse Etwas von Realität, als ich mit X spreche, dessen Namen ich zu verschweigen versprach. Er arbeitet in der Autobranche. Und er beobachtet einen massiven Wechsel. Und er sieht den ganz neutral. Vor, sagen wir mal, 2008, sagt er, war das echt anders. Also nicht…

Von wegen Nachtschicht

Es gibt viele Coworking Spaces in New York, aber einen nur für die schreibende Zunft hatte ich bisher noch nie gesehen. Bei Paragraph kann man sich ein ruhiges Plätzchen zum Schreiben mieten. Manche tun das, um sich verpflichtet zu fühlen und endlich den Roman fertigzukriegen, manche brauchen einen Ort, an dem sie ihren Zwei-Seiten-Essay in Angriff nehmen. Dafür gibt es auch eine günstige Teilzeit-Mitgliedschaft: Dann darf man wochentags nur zwischen 18 und 11 Uhr hinein. Ich denke, ha, das passt ja wunderbar zum Schriftsteller-Klischee. Nachtarbeiter. Aber dann erklärt mit Lila, dass dieses Angebot besonders oft…